FAQ Landesaufnahmeprogramm Afghanistan
Das politische Versagen der Bundesregierung rund um den Truppenabzug und die Evakuierung der sogenannten Ortskräfte aus Afghanistan hat bundesweit die Rufe nach einer zügigen Aufnahme von flüchtenden Afghan*innen laut werden lassen. Einige Bundesländer wie Thüringen oder Schleswig-Holstein kündigten eigene Landesaufnahmeprogramme an. Sogar CDU-Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender Armin Laschet hat zuletzt die Länder aufgefordert, dem Bund Landesaufnahmeanordnungen zu übermitteln. Leider konnte sich das Land Bremen bisher nicht auf ein solches Vorhaben verständigen.
Was könnte ein solches Landesaufnahmeprogramm leisten? Welche Voraussetzungen hätte es – und welche nicht? Welche Unwägbarkeiten würden mit einer Landesaufnahmeanordnung einhergehen? Diese und weitere Fragen sind frequently asked questions, die wir gerne beantworten wollen. Damit wollen wir auch bestehende Missverständnisse aufklären, insbesondere angesichts der aktuellen Debatte um Landesaufnahmeprogramme für Menschen aus Afghanistan.
Asyl- und Aufenthaltsrecht sind in Deutschland vorrangig Bundessache. Der Bund legt fest, nach welchen Kriterien Asyl- oder Aufenthaltsrechte erteilt werden können – und nach welchen nicht. Darüber hinaus können aber Bundesländer beschließen, definierte Personengruppen aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen aufnehmen zu wollen (§ 23 Aufenthaltsgesetz). Ein solcher Beschluss ist in der Regel ein Landesaufnahmeprogramm. Ein solches Programm ist auf eine bestimmte Personenzahl begrenzt und für eine bestimmte Personengruppe aus definierten Herkunfts- oder Drittländern zugeschnitten. Die Aufnahmekriterien kann ein Bundesland entweder, wie meist in Bremen, selbst bestimmen (als Familiennachzugprogramm bspw.) oder in Zusammenarbeit mit dem UNHCR auf besonders schutzbedürftige Geflüchtete ausrichten, von denen das UNHCR weltweit 1,5 Millionen zählt. Auch Einzelpersonen können aus humanitären oder völkerrechtlichen Gründen von Bundesländern aufgenommen werden (§ 22 AufenthG).
Mehrere Bundesländer haben bisher verschiedene Landesaufnahmeprogramme beschlossen und durchgeführt. So hat beispielsweise Baden-Württemberg nach dem Völkermord des sogenannten Islamischen Staats an den Ezid*innen über 1000 überlebende Frauen und Mädchen aus dem Irak aufgenommen. Auch Brandenburg hat mit einem solchen Landesaufnahmeprogramm 72 Ezid*innen aufgenommen[1]. Bremen hatte die Aufnahme von 20 Ezidinnen beschlossen, konnte die Aufnahme aber bisher nicht realisieren.
Es gibt weitere Beispiele für (beabsichtigte) Landesaufnahmeprogramme: Niedersachsen z.B. war bereit über ein Landesaufnahmeprogramm Geflüchtete vom zivilen Seenotrettungsschiff Lifeline aufzunehmen, nachdem dieses über Wochen im Mittelmeer trieb, weil kein Hafen es aufnehmen wollte[2]. Bremen, Berlin und Thüringen beschlossen Landesaufnahmeprogramme für Geflüchtete aus Moria, nachdem der EU-Hotspot auf der griechischen Ägäisinsel Lesbos durch einen verheerenden Brand im September 2020 verwüstet worden war.
Mit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien beschlossen alle Bundesländer mit Ausnahme von Bayern Landesaufnahmeprogramme für Angehörige syrischer Geflüchteter, die bereits als anerkannte Geflüchtete in den jeweiligen Bundesländern lebten. Diese Programme ermöglichten es syrischen Geflüchteten in Deutschland ihre erwachsenen Kinder, Eltern, Geschwister und weitere Angehörige des erweiterten Familienkreises[3] nachzuholen, was über den bundesrechtlich geregelten Familiennachzug nicht erlaubt war.
[1]https://www.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.648080.de
[2]https://www.frnrw.de/themen-a-z/aufnahme-von-fluechtlingen/bundes-und-landesaufnahmeprogramme/seenotrettungsschiff-lifeline-willkommen-in-niedersachsen.html
[3]https://www.proasyl.de/thema/syrien/syrien-aufnahmeprogramme/
Insgesamt wurden seit Auflage der Landesaufnahmeprogramme für Angehörige syrischer Geflüchteter rund 26.108 Angehörige in die Bundesländer aufgenommen. Davon entfielen 315 auf das Bundesland Bremen.[4]
[4]https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZcDIg7YEDnDsZOtbE3gAkETsNaMolN8fYgGb2MVg0feO/A_06_Antwort_Depu_Inneres_Berichtsbitte_LAP.pdf
Viele der Landesaufnahmeprogramme sind inzwischen ausgelaufen und wurden nicht verlängert. Verlängerte, nach wie vor geltende Landesaufnahmeprogramme existieren in Bremen, Berlin, Thüringen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Hamburg. Zuletzt hat Bremen seine Landesaufnahmeanordnung verlängert. Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat sein Einvernehmen erklärt und die Landesaufnahmeanordnung für bis zu hundert Angehörige syrischer Geflüchteter konnte am 12. April 2021 in Kraft treten.
Nein, das in Bremen erst im April verlängerte Landesaufnahmeprogramm für syrische Angehörige zeigt, dass das nicht aussichtslos ist. Das Seehofer-geführte Bundesinnenministerium hatte diesem zugestimmt, jetzt muss Druck gemacht werden für eine Ausweitung für Angehörige afghanischer Geflüchteter. Da Seehofer ohnehin voraussichtlich nicht Innenminister bleibt, ist jetzt ein guter Zeitpunkt, schonmal die Anforderung an den Bund zu richten, die aufnahmewilligen Bundesländer nicht weiter zu blockieren.
Laut der Rechtsgrundlage für Landesaufnahmeprogramme (§ 23 Aufenthaltsgesetz) ist es erforderlich, dass das BMI sein Einvernehmen erklärt. Das heißt konkret, dass Landesregierungen eine Landesaufnahmeanordnung (so heißt das Landesaufnahmeprogramms in Jurist*innendeutsch) an das Bundesinnenministerium schicken müssen und dieses aktiv zustimmen muss. Verweigert das BMI die Zustimmung, kann das Land niemanden aufnehmen, und das obwohl Land und Kommunen zuständig sind für Aufnahme, Unterbringung, Beschulung etc.. Einige Bundesländer haben deshalb einen Änderungsantrag für § 23 AufenthG in den Bundesrat eingereicht, der jedoch von CDU/CSU blockiert wird.
Wie läuft das Aufnahmeprozedere ab?
Bei den Landesaufnahmeprogrammen für Angehörige syrischer Geflüchteter, die in Deutschland leben (Stammberechtigte) läuft die Aufnahme über andere Länder, da es in Syrien keine Botschaft der Bundesrepublik mehr gibt. Die Angehörigen beantragen in der Botschaft der Bundesrepublik in dem Land, in dem sie sich aufhalten (z.B. Türkei, Irak, Libanon etc.) ein Einreisevisum. Die Botschaft übermittelt den Visumsantrag an das zuständige Migrationsamt. Das Amt holt eine Verpflichtungserklärung der*des Stammberechtigten ein und übermittelt anschließend eine Vorabaufnahmezusage an die Botschaft. Diese erteilt das Visum an die nachzugswilligen Angehörigen, so dass sie damit legal einreisen können. Als letzten Schritt erteilt das zuständige Migrationsamt eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Aufenthaltsgesetz.
Die Aufnahme kann nur über Anrainerstaaten erfolgen, da zurzeit weder der zivile Luftverkehr über den Flughafen Kabul sichergestellt noch eine Auslandsvertretung in Afghanistan geöffnet ist. Bedrohte Afghan*innen werden in die Anrainerstaaten wie Pakistan, Usbekistan, Iran, Irak, Turkmenistan, Tadschikistan oder auch in die Türkei flüchten. Wenn sie von dort keine legalen Fluchtwege z.B. auch durch Landesaufnahmeprogramme eröffnet bekommen, werden sich einige auf die gefährlichen Fluchtrouten über das Mittelmeer begeben. Landesaufnahmeprogramme können Leben retten.
Die Visumsverfahren würden dann, wie beim Syrien-Erlass, über die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik und die Bremer Migrationsämter laufen.
Nein. Die Aufnahme erfolgt über die Auslandsvertretungen und Botschaften der Bundesrepublik, die wie beschrieben im schriftlichen Verfahren mit den Migrationsämtern der Länder zusammenarbeiten.
Auch für ein Landesaufnahmeprogramm für Angehörige von Bremer Geflüchteten aus Afghanistan müssten keine Bremer Beamt*innen nach Kabul oder an einen anderen Ort reisen.
Bundesländer können die Landesaufnahme von Angehörigen an die Abgabe einer Verpflichtungserklärung knüpfen. Das bedeutet, dass die bereits hier lebenden Geflüchteten („Stammberechtigte“) für den Lebensunterhalt, den Wohnraum und teilweise für die Gesundheitsversorgung sorgen oder bürgen müssen. Neben den „Stammberechtigten“ können auch andere Personen und sogar juristische Personen (wie Unternehmen oder Vereine) eine Verpflichtungserklärung abgeben. Auch das Bremer Landesaufnahmeprogramm für Angehörige syrischer Geflüchteter erfordert eine Verpflichtungserklärung, verzichtet aber auf Übernahme der Gesundheitskosten. Das bedeutet, dass das Bundesland zwar nicht für Lebensunterhalt und Wohnkosten der Angehörigen aufkommt, aber für die Kosten bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung.
Es gibt den Familiennachzug, auf den in bestimmten Fällen ein Rechtsanspruch besteht. Dies gilt insbesondere für anerkannte Geflüchtete, die ihre minderjährigen Kinder oder Ehepartner*innen (Kernfamilie) nachholen wollen. Der Familiennachzug ist für viele Geflüchtete der einzige legale Fluchtweg.
Subsidiär Schutzberechtigte haben kein Anrecht auf den Nachzug ihrer Kernfamilie. Sie können den Familiennachzug ihrer minderjährigen Kinder oder Ehepartner*innen aus humanitären Gründen beantragen und dieser kann gewährt werden, es besteht aber kein Anspruch darauf. Der bewilligte Nachzug erfolgt kontingentiert, also begrenzt auf maximal tausend Personen pro Monat für das gesamte Bundesgebiet. Bis die Angehörigen in Deutschland ankommen, können mehrere Monate oder sogar Jahre vergehen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bundesrepublik zuletzt selbst das begrenzte Kontingent von 1000 Personen monatlich nicht ausgeschöpft hat.
Im Bremen und Bremerhaven leben insgesamt 3.814 afghanische Staatsangehörige. Von ihnen haben 1.575 Afghan*innen das Asylrecht zugesprochen bekommen und können damit ihre Ehepartner*innen oder minderjährigen Kinder nachholen. Geflüchtete mit subsidiärem Schutz (das ist ein Schutzstatus unterhalb des Asylrechts) können ihre engsten Angehörigen wenn überhaupt dann nur mit monate- oder jahrelanger Verzögerung wiedersehen, das betrifft in Bremen und Bremerhaven 344 Afghan*innen. 292 Personen befinden sich noch im Asylverfahren und haben währenddessen eine sog. Aufenthaltsgestattung, die auch nicht zum
Familiennachzug berechtigt. 92 afghanische Geflüchtete haben lediglich eine Duldung und damit keinerlei Anrecht auf Familiennachzug. [5]
Fast die Hälfte der afghanischen Geflüchteten in Bremen und Bremerhaven hat damit derzeit kein oder ein limitiertes Recht, selbst die engsten Angehörigen wie Ehepartner*innen oder minderjährige Kinder nachzuholen. Alle der fast 4000 Afghan*innen können ihre Eltern, erwachsenen Kinder, Geschwister oder weitere Angehörige nicht legal in Sicherheit bringen.
[5] https://www.bremische-buergerschaft.de/fileadmin/user_upload/Dateien/plenar/20_29L_Fragestunde.pdf, Frage 13
Zum einen erleichtert er das Ankommen von Geflüchteten. Denn wer hier ist, sich aber Sorgen um Leben und Sicherheit seiner engen Angehörigen, Eltern, Geschwister, volljährigen Kinder oder weiterer enger Angehöriger machen muss, der oder die kann hier nicht richtig ankommen. Zudem ist der Familiennachzug einer der wenigen legalen Fluchtwege. Angesichts der Illegalisierung von Flucht und den damit einhergehenden gefährlichen, teuren und nicht selten tödlichen Fluchtwegen ist der Familiennachzug damit für viele die einzige Möglichkeit, sicher zu flüchten.
Insbesondere vulnerable und gefährdete Gruppen wie erwerbstätige Frauen, Schulmädchen, Frauen- und Menschenrechtler*innen, kritische Ärzt*innen, Aktivist*innen, Kulturschaffende oder Oppositionelle sind akut bedroht. Journalist*innen fürchten um oder verlieren ihr Leben in Afghanistan[6]. Auch alle zurückgelassenen Ortskräfte, also afghanische Mitarbeitende der Bundeswehr oder zivile Organisationen wie die GIZ und ihre Angehörigen, sind bedroht.
[6]https://www.dw.com/de/afghanische-journalisten-in-gefahr/a-59190997
Nach dem Evakuierungsdesaster mit lediglich 5300 evakuierten sogenannten Ortskräften statt der angekündigten 10.000 sowie zehntausenden weiteren zurückgelassenen gefährdeten afghanischen Ortskräften und progressiven Mitgliedern der Zivilgesellschaft haben einige Bundesländer eigene Landesaufnahmeprogramme angekündigt. Als erstes Bundesland hat Schleswig-Holstein angekündigt, rund 300 von den Taliban bedrohte Menschen aufzunehmen. Vornehmlich sollten Frauen und Mädchen aufgenommen werden[7]. Eine Landeaufnahmeanordnung ist jedoch nicht an das BMI übermittelt worden.
Auch Berlin hat angekündigt, ein Landesaufnahmeprogramm für ehemalige Ortskräfte, ihre Familien und für weitere von den Taliban bedrohte Personenkreise, z.B. Familienangehörige der Ortskräfte, gefährdete Personen wie Journalist*innen, Frauenrechtlerinnen, Künstler*innen und weitere aufzulegen[8]. NRW kündigte an, 1000 Personen aufnehmen zu wollen.
Thüringen hat als bisher einziges Bundesland ein Aufnahmeprogramm nicht nur angekündigt, sondern auch beschlossen.. Am 31.8.2021 beschloss das Thüringer Kabinett eine Landesaufnahmeanordnung für die Angehörigen von afghanischen Geflüchteten[9] und übermittelte sie an das Bundesinnenministerium zur Erteilung des Einvernehmens.
[7] https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/IV/Presse/PI/2021/210817_vorbereitung_landesaufnahmeprogramm.html
[8]https://www.berlin.de/sen/inneres/presse/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung.1117887.php
[9]https://www.frnrw.de/fileadmin/frnrw/media/downloads/Themen_a-Z/Aufnahme_von_Fluechtlingen/Aufnahmeanordnung_Afghanistan_31.08.2021.pdf
Bremen erklärte sich bereit, bis zu 150 sogenannte Ortskräfte aufzunehmen, die von der Bundesregierung evakuiert wurden[10]. Mindestens 49 davon sind bereits in Bremen angekommen. Dies ist allerdings kein eigenes Landesaufnahmeprogramm, sondern die Aufnahme im Rahmen der Bundesevakuierung über die Aufnahmequote hinaus, die im Königsteiner Schlüssel vorgesehen ist (die Bundesländer haben einen Verteilschlüssel und -mechanismus für Geflüchtete, wonach Bremen 0,96 Prozent der Geflüchteten aufnimmt).
[10]https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/bremen-stellt-kurzfristig-bis-zu-150-unterbringungsplaetze-fuer-afghanische-ortskraefte-und-deren-familien-zur-verfuegung-364944?asl=bremen02.c.730.de
Die Thüringer Landesaufnahmeanordnung wurde Medienberichten zufolge abgelehnt durch Seehofers Innenministerium. Eine formelle Ablehnung durch das BMI liegt den Thüringer Behörden bzw. Ministerien jedoch noch nicht vor.
Der CDU/CSU-Parteivorsitzende Armin Laschet sagte im Deutschlandfunk, er erwarte, dass mehrere Bundesländer bereit seien, Menschen aus Afghanistan aufzunehmen, und äußerte die Erwartung, dass das BMI dies ermöglicht[11]. Da Seehofer bis zur Konstituierung einer neuen Regierung im Amt bleibt, nehmen wir Laschet an dieser Stelle beim Wort.
[11]https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2021/09/12/interview_der_woche_mit_armin_laschet_kanzlerkandidat_der_dlf_20210912_1105_6375c6e7.mp3, ab Minute 17:00
Vertreter*innen der Bundesregierung oder solche, die dies anstreben, haben immer wieder gesagt, dass auch nach Beendigung der Evakuierungsflüge der Bundeswehr Ende August noch gefährdete Personen aus Afghanistan aufgenommen werden sollen. Sie fordern von den Taliban freies Geleit und sprechen mit Anrainerstaaten. Tatsächlich passiert ist fast nichts: Der Bund hat für lediglich 2.600 weitere Afghan*innen und ihre Kernfamilien Aufenthaltserlaubnisse ausgesprochen[12].
Wie der Personenkreis der gefährdeten Personen definiert wird, ist zudem nach wie vor unklar. Klar ist aber: Ein Bundesaufnahmeprogramm für Familienangehörige von Afghan*innen, die bereits in Deutschland leben, wird es nicht geben. Diese Lücke können nur Landesaufnahmeprogramme schließen.
[12]https://www.sueddeutsche.de/politik/deutschland-aufnahme-afghanen-1.5411494
Bremen hat weder politisch noch formell bisher ein Landesaufnahmeprogramm beschlossen. DIE LINKE hat sich bereits, als sich abzeichnete, dass die Evakuierungsflüge der Bundeswehr bei Weitem nicht ausreichen werden, um gefährdete Personen zu retten, dafür ausgesprochen, ein Landesaufnahmeprogramm für gefährdete Personenkreise und Angehörige von Bremer Afghan*innen aufzulegen[13]. Insbesondere das Verfahren zur Aufnahme von Angehörigen syrischer Geflüchteter ließe sich auf Angehörige afghanischer Geflüchteter (mit geringen Änderungen) übertragen. Ebenso ließe sich der Personenkreis auf weitere gefährdete Gruppen ausweiten.
[13]https://www.dielinke-bremen.de/politik/presse/presse-detail/news/leben-retten-aufnahme-aus-afghanistan-ausweiten/ | https://www.linksfraktion-bremen.de/presse/pressemitteilungen/presse-detail/news/fraktion-die-linke-fordert-bremer-landesaufnahmeprogramm-fuer-afghan-innen/ | https://www.linksfraktion-bremen.de/presse/pressemitteilungen/presse-detail/news/aufnahme-von-gefluechteten-aus-afghanistan-ermoeglichen/
Das Bundesinnenministerium scheint die formelle Antwort auf die Thüringer Landesaufnahmeanordnung aus wahltaktischen Gründen zu vertagen. Wir halten ein Abwarten und Hinauszögern aber für eine schlechte Idee, denn die Taliban mit ihren Repressionen oder der in Afghanistan tätige sog. Islamische Staat mit seinem Terror warten nicht auf die Bundestagswahl oder die Regierungsbildung. Die anstehende Regierungsbildung entscheidet nicht nur, ob das Klima mit der nötigen Entschiedenheit geschützt oder ein existenzsichernder Mindestlohn eingeführt wird, sondern auch, ob es künftig sichere statt tödliche Fluchtwege geben wird. Auch daran sollte sich die zukünftige Bundesregierung messen müssen.
Die LINKE hat sich bundesweit für Aufnahmeprogramme eingesetzt, die allen bedrohten und von den Taliban verfolgten Afghan*innen offen stehen. Wir fordern sichere Fluchtwege, einen dauerhaften Abschiebestopp und Bleiberecht für Afghan*innen in Deutschland. Auf Bundesebene und in allen Bundesländern fordern wir auch die direkte Aufnahme von Afghan*innen durch die Länder und Kommunen[14].
In Bremen fordern wir bereits seit dem desaströsen Truppenabzug und der Machtübernahme der Taliban ein Landesaufnahmeprogramm für Bremen, das es in Bremen lebenden Afghan*innen ermöglicht, ihre Angehörigen nach Bremen zu holen: sicher und mit Bleiberecht.[15] Das derzeit laufende Aufnahmeprogramm für Angehörige syrischer Geflüchteter in Bremen kann mit Veränderungen angepasst werden, das Verfahren wäre das Gleiche. Ein Landesaufnahmeprogramm ist notwendig, es ist machbar – und es rettet Leben.
[14]https://www.die-linke.de/themen/frieden/afghanistan/
[15]https://www.linksfraktion-bremen.de/buergerschaft/aktuelles/detail-neu/news/aufnahme-von-gefluechteten-aus-afghanistan-ermoeglichen/