Hassanpour: Lootboxen müssen verboten werden!

Glücksspielähnliche „Lootboxen“ verbieten und Jugendschutz stärken!

Die Computer- und Videospielindustrie boomt und erzielt jedes Jahr Rekordumsätze. Laut des Informationsdienstes des Instituts für deutsche Wirtschaft betrug der Umsatz der deutschen Gaming-Branche im Jahr 2022 knapp 9,9 Milliarden Euro. Die weltweiten Umsätze der Branche betrugen schätzungsweise 201 Milliarden Euro.

Diese Zahlen kommen unter anderem durch die steigende Nachfrage an Computer- und Videospielen zustande, jedoch nicht zuletzt auch durch umsatzsteigernde Maßnahmen bei Planung und Design ihrer Produkte. So setzen Entwickler und Publisher bei Computer- und Videospielen auf neuartige Finanzierungsmodelle – abseits der einmaligen Zahlung eines Kaufpreises beim Einzelhändler. Immer öfter werden Produkte so geplant, dass Spieler*innen regelmäßige Zahlungen leisten müssen, um am vollen Spielerlebnis teilzuhaben. Das kann durch sogenannte DLCs (Downloadable Content) oder Add-Ons, durch Mikrotransaktionen für kosmetische Spielinhalte, aber auch durch Spielinhalte, die Spieler*innen konkrete Vorteile verschaffen und zu einem Ungleichgewicht zwischen den Spieler*innen führen, geschehen. Fast immer können diese Inhalte nur durch eine sogenannte „In-Game-Währung“ gekauft werden, die vorher mit echter Währung gekauft werden muss. Die Wechselkurse sind dabei so undurchsichtig, dass Spieler*innen den Bezug zur echten Währung verlieren.

Inzwischen ist eine bestimmte Spielmechanik auf dem Weg Standard in der Gaming-Branche zu werden, wenn es darum geht, Spielinhalte (insbesondere „Items“) an Spieler*innen zu verteilen: die sogenannten „Lootboxen“. Diese orientieren sich am Prinzip der japanischen Sammelkartenspiele der 2000er-Jahre. Um jene Kartenspiele zu spielen, müssen Spieler*innen sogenannte „Packs“ kaufen, die eine bestimmte Anzahl an Karten beinhalten. Welche Karten im „Pack“ enthalten sind, ist unbekannt. Einige Karten sind stärker als andere. Um die Chance zu gewinnen zu erhöhen, benötigt man bestimmte Karten. Um an kompetitiven Turnieren teilzunehmen, sind sie unabdingbar. Das führt dazu, dass Spieler*innen gezwungen sind, möglichst viele „Packs“ zu kaufen – auf der Suche nach den besten Karten, mit denen sie gegen Freund*innen oder auf Turnieren gewinnen können. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, eine bestimmte Karte im „Pack“ zu ziehen, wird von den Anbieter*innen nicht angegeben. Dieses Modell führte in den 2000er-Jahren dazu, dass viele insbesondere junge Menschen durch dieses glücksspielähnliche Prinzip in Suchtfallen gelockt worden sind. Auch Erwachsene entwickelten auf der Suche nach den besten Karten Glücksspielabhängigkeiten und mussten erhebliche finanzielle Schäden in Kauf nehmen.

Während DLCs und Add-Ons in Computer- und Videospielen durchaus als kostenpflichtige Erweiterung des Spielerlebnisses sinnvoll sein können, um Spieler*innen stets aktualisierte Inhalte anzubieten und längerfristig an ein Produkt zu binden, sowie kosmetische Spielinhalte unproblematisch sein können, stellen Spielinhalte, die den Spieler*innen konkrete Vorteile verschaffen, ein enormes Problem dar. Nicht zuletzt, wenn diese über die Spielmechanik der „Lootboxen“ vergeben werden. „Lootboxen“ werden aus Jugendschutzperspektive kritisiert: Die Befürchtung ist, dass die Hemmschwelle bei Kindern und Jugendlichen gesenkt wird und sie so subtil an Glücksspiele herangeführt werden. Auch die Kommission für Jugendmedienschutz steht „Lootboxen“ kritisch gegenüber.

Spiele wie „FIFA Ultimate Team“ oder „Counter Strike: GO“ sowie Streamer*innen, die diese Spiele aktiv übertragen und somit bewerben, stehen unter massiver Kritik. Diese ist jedoch machtlos gegenüber den großen Publishern, deren Führungskräfte längst nicht mehr aus Spieleenthusiast*innen bestehen, sondern aus Manager*innen multinationaler Konzerne, die auf Profit und nicht auf das Spielerlebnis achten.

Um das Spielerlebnis fairer zu gestalten und insbesondere junge Menschen vor Glücksspielsucht zu schützen, sind bereits Länder wie Belgien und die Niederlande vorangegangen und haben den Kauf von „In-Game-Währung“ und/oder „Lootboxen“ verboten.

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen:

1. Spielmechaniken in Computer- und Videospielen zu verbieten, die kostenpflichtige virtuelle Behälter oder Pakete (sog. „Lootboxen oder Packs“) darstellen, die Gegenstände im Spiel (sog. „Items“) nach dem Zufallsprinzip vergeben;
2. Spielmechaniken in Computer- und Videospielen zu verbieten, die Glücksrad- oder Spielautomatenwalzen-ähnliche Funktionen darstellen, die Gegenstände im Spiel (sog. „Items“) nach dem Zufallsprinzip kostenpflichtig vergeben;
3. die Spieleentwickler*innen zu einer Kenntlichmachung von Wahrscheinlichkeiten für die Vergabe von zufallsgenerierten kostenpflichtigen Spielinhalten (sog. „Items“) nach Spielereignissen (z.B. nach einer gewonnenen Runde eines Spiels oder dem Erreichen eines bestimmten Meilensteins) zu verpflichten;
4. den Verkauf und Erwerb von virtuellen kostenpflichtigen Währungen innerhalb von Computer- oder Videospielen zu verbieten, die ausschließlich zum Erwerb zusätzlicher Spielinhalte konzipiert sind und nicht in eine reale Währung umgetauscht werden können;
5. die Übertragung von Computer- und Videospielen, die den Verboten in den Punkten 1-4 nicht nachkommen, auf Streamingplattformen oder Webseiten zu verbieten, die sich an Nutzer*innen in Deutschland richten und/oder in Deutschland erreichbar sind;
6. der staatlichen Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz sechs Monate nach Beschlussfassung über die Umsetzung zu berichten.

Dariush Hassanpour, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und die Fraktion DIE LINKE
Kevin Lenkeit, Ute Reimers-Bruns, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dr. Maike Schaefer, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN