Zuwendungspraxis modernisieren – Bürokratie abbauen, Digitalisierung ermöglichen!

Bund, Länder und Kommunen können für die Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben Zuwendungen vergeben. Diese Zuwendungen werden in der Regel als Zuschüsse an vielfach nicht-gewinnorientierte Organisationen und Zusammenschlüsse (Vereine, Verbände, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs, Umweltschutzgruppen etc.) gezahlt, die Programme und Projekte umsetzen, die im Interesse von Kommunen, Ländern oder des Bundes liegen.

Auch im Land Bremen und den beiden Stadtgemeinden werden jährlich erhebliche Haushaltsmittel für Zuwendungen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben und freiwilliger Leistungen eingesetzt. Mit diesen Zuwendungen werden Maßnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, der Altenhilfe, für die Förderung bürgerschaftlichen Engagements oder in der Selbsthilfe, im Sport, in der Kulturarbeit, der Suchthilfe, der Bildungs- und Umweltarbeit usw. ermöglicht. Viele der so finanzierten Programme und Projekte wirken insbesondere in den Quartieren unserer Städte und tragen erheblich zur Armutsfolgenbekämpfung, zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und einer guten Daseinsvorsorge bei.

Diese Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und den Trägern im Land Bremen verläuft überwiegend konstruktiv, basierend auf den Grundregeln der Zuwendungsvergabe. Dazu gehören zum Beispiel zügige und regelkonforme Bewilligungen, transparente und einheitliche Regeln für die Zuwendungspraxis sowie ein sparsamer Umgang mit dem öffentlichen Geld. Ein modernes Zuwendungsrecht muss darüber hinaus nachvollziehbar, fair und übersichtlich zu handhaben sein. Vor allem bei betragsmäßig geringen Zuwendungen sollten bei Beantragung, Bewilligung und Abrechnung bürokratiearme Verfahren Anwendung finden.

Zwar bietet die Bremer Ausgestaltung der Landeshaushaltsordnung (LHO) mit den Verwaltungsvorgaben einigen Spielraum für eine in diesem Sinne angemessene Vergabepraxis. Nach der Erfahrung vieler Zuwendungsempfänger werden die gegebenen Möglichkeiten in den Ressorts unterschiedlich angewendet. Angesichts der wertvollen Arbeit, die mithilfe von Zuwendungen im Interesse unserer Kommunen geleistet werden, ist es wichtig und notwendig, das Zuwendungsrecht so auszugestalten, dass die Zuwendungsempfänger möglichst optimal ihrer Arbeit nachgehen können, für die sie die Mittel einsetzen. Und hier gibt es gemäß den Erfahrungen von Akteur*innen im Feld noch Verbesserungsmöglichkeiten.

Hierbei gibt es viele Bereiche, in denen Optimierungen vorgenommen werden können: von einer transparenteren Interaktion mit den geldgebenden Behörden über die Erhöhung der Planbarkeit für Zuwendungsempfänger bis hin zu den Antragsstellungen von Zuwendungsempfängern mit geringen Zuwendungssummen, die vereinfacht werden können. Beispiele dafür finden sich auch in Fachpublikationen wie etwa bei der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. Grundsätzlich muss die Verringerung des Aufwands für die Zuwendungsempfänger angestrebt und ein partnerschaftlicher Umgang auf Augenhöhe umgesetzt werden.

Um darzulegen, wie das Zuwendungsverfahren zukünftig modernisiert werden kann, bedarf es aufgrund der Komplexität einer Bestandsaufnahme, vorzugsweise durch eine Fachanhörung unter Hinzuziehung der zuwendungsgebenden Ressorts und von Interessensgruppen der Zuwendungsempfänger. Thematisiert werden soll, mit welchen Mitteln die bremische Zuwendungspraxis vereinfacht, entbürokratisiert und digitalisiert werden kann, um so insgesamt die Zuwendungsvergabe zu stärken. Ein entsprechender Bericht ist der Bürgerschaft (Landtag) vorzulegen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, eine Fach-Anhörung zur Modernisierung der bremischen Zuwendungspraxis durchzuführen. Einzubinden sind Vertretungen des Finanzressorts als Zentralressort, der zuwendungsgebenden Ressorts und dem Rechnungshof sowie Verbände und Interessensvertretungen der Zuwendungsempfänger. Einzubinden sind auch Fachpolitiker*innen sowie externe Sachverständige, die durch die Fraktionen benannt werden. In der Anhörung sollen praxisrelevante Probleme benannt und mögliche Lösungsansätze diskutiert werden. Insbesondere sollen folgende Inhalte im Hinblick auf eine vereinfachte Zuwendungspraxis erörtert werden:

1. Bedingungen für die Ermöglichung mehrjähriger Bewilligungszeiträume (etwa für die Geltungsjahre des Bremischen Haushalts) als Standard mindestens für Zuwendungen, in denen bisher mit jährlich wiederkehrenden Zuwendungen gearbeitet wurde;

2. Bedingungen für ein Primat der Finanzierungsart Festbetragsfinanzierung vor Fehlbedarfsfinanzierung;

3. Unterschiedliche Handhabungen der zuwendungsgebenden Ressorts und deren Implikationen für Zuwendungsempfänger;

4. Kriterien für die vermehrte Einführung von Förderpauschalen; 5. Kriterien für die vermehrte Nicht-Anrechnung von Spenden und Bußgeldern auf die Zuwendungssummen;

6. Flexible Vergabe von Mitteln zu mehreren Terminen im Jahr;

7. Digitalisierung von Antragsstellungen, Bescheiden sowie des Prüfverfahrens von Verwendungsnachweisen nach dem Onlinezugangsgesetz;

8. Anforderungen an ein zentrales Online-Förderportal, das Trägern ermöglicht, sich unkompliziert und umfassend über die vorhandenen bremischen Fördermöglichkeiten zu informieren;

9. Verbesserte Einhaltung der vorgesehenen Fristen für die Ausstellung und Übersendung von Zuwendungsbescheiden sowie die Übermittlung von Prüfergebnissen der Verwendungsnachweise an die Zuwendungsempfänger, sofern die Verwendungsnachweise der Zuwendungsnehmer vollständig vorliegen;

10. Erhöhung der Bagatellgrenzen bei der Verzinsung von Rückforderungen;

11. Überprüfung von Zuwendungen im Hinblick auf ihre ökologogische und klimaschädliche Wirkung.

Die aus der Anhörung abgeleiteten Befunde und Ergebnisse sind der Bürgerschaft (Landtag) und dem Haushalts- und Finanzausschuss in einem Bericht bis zum Ende des zweiten Quartals 2022 vorzulegen. Schriftliche Stellungnahmen der Vertreter*innen der Zuwendungsempfänger und der Sachverständigen sind im Anhang beizufügen.

Sahhanim Görgü-Philipp, Kai Wargalla, Philipp Bruck, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Birgitt Pfeiffer, Arno Gottschalk, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Klaus-Rainer Rupp, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE