Bürger*innenforen | Bürgerbeteiligung

Mit Bürger*innenforen die Bürgerbeteiligung in Bremen stärken!

ZimmerStadtentwicklung, Beiräte & Bürger*innenbeteiligung

Gute Bürger*innenbeteiligung stärkt das Vertrauen der Menschen in demokratische Institutionen, stellt Akzeptanz her und erhöht letztlich die Zufriedenheit der Bürger*innen mit der Demokratie. Die Beteiligung von Bürger*innen ist daher ein wichtiger und bereichernder Bestandteil in politischen Entscheidungsprozessen und wird in Bremen vorgelebt. Die guten Bremer Erfahrungen mit einer Bürgerbeteiligung, welche die Identifikation mit der Stadt Bremen fördert und den Gemeinsinn stärkt, resultierten schließlich in dem 2018 verabschiedeten Bremer Leitbild Bürgerbeteiligung.

Viele Beteiligungsprojekte erreichen jedoch leider oft nur einen recht exklusiven Kreis von Teilnehmenden. Wenn aber die Vielfalt der Gesellschaft nicht zur Geltung kommt, droht das Gemeinwohl hinter Einzelinteressen zurückzutreten und Bürger*innenbeteiligung bleibt unter ihren Möglichkeiten. Ein wichtiges Instrument, mit dem auch beteiligungsferne Gruppen erreicht werden und so eine breite Beteiligung gelingt, sind Bürger*innenforen, deren Teilnehmende sich nicht selbst rekrutieren, sondern durch eine Zufallsauswahl oder auf ähnliche Weise bestimmt werden. Bürger*innenforen stärken die Repräsentanz jener Gruppen in den politischen Entscheidungsprozessen und verschaffen Menschen Gehör, die sich bisher nicht in anderen Beteiligungsprojekten engagieren.

Gerade Menschen, die keinen Zugang zu Parteien, Verbänden oder Bürgerinitiativen haben, lassen sich mit Hilfe von Bürger*innenforen politisch einbinden. Durch Verfahren wie die Zufallsauswahl treffen Personen aus verschiedenen Informationsblasen aufeinander. Zahlungen für Verdienstausfall, Unterstützung bei Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Übersetzung und verständliche Sprache vermindern soziale Exklusion. Menschen aus allen Teilen der Bevölkerung sind fähig, qualifizierte und repräsentative Entscheidungen zu treffen, wenn ihnen ausgewogene Informationen und verständlich aufbereitetes Wissen zur Verfügung gestellt und der Prozess professionell begleitet wird. Besser als bei anderen Beteiligungsformen können in Bürger*innenforen extreme Positionen ausgeglichen und gesellschaftliche Gräben überwunden werden. Das Durchsetzen der eigenen Position spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, im Vordergrund stehen die Begegnung und gemeinsame Lösungsfindung.

Bürger*innenforen können so auch für bestimmte Fragestellungen eingesetzt werden, wenn diese nur einen, auch enger, definierten Personenkreis tangieren. Ein Bürger*innenforum könnte beispielsweise nur mit Menschen unter 21 Jahren besetzt werden, wenn es sich konkret mit einer Frage auseinandersetzt, die insbesondere junge Menschen betrifft. Etwa bei der Frage, wie man die Innenstadt so gestaltet, dass sie für junge Menschen ein lebendiger Ort des Zusammenkommens wird. Auf diese Weise könnte man junge Menschen auch frühzeitig für politische Beteiligungsprozesse gewinnen, die sich auch nach Abschluss des Bürger*innenforums politisch engagieren.

Auch der Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ des Deutschen Bundestags kommt nach einem öffentlichen Fachgespräch im Oktober 2020 zu dem Fazit, dass Bürger*innenforen eine sinnvolle Form der politischen Beteiligung darstellen und den demokratischen Willensbildungsprozess des Parlaments ergänzen können. Bremen sammelte bereits im Jahr 2009 Erfahrungen mit einem ähnlichen Instrument, als zwei sogenannte Planungszellen ein „Bürgergutachten“ zur städtebaulichen Erneuerung des Ortsteils Huckelriede erstellten. Solche Planungszellen fanden dementsprechend Eingang in die im November 2018 vom Senat beschlossenen Leitlinien der Bürgerbeteiligung in Bremen. Auf dieser Grundlage sollen nun geeignete politische Fragestellungen identifiziert werden, anhand derer die Anwendung des Instruments Bürger*innenforum in Bremen weiter verfeinert werden kann. In Betracht kommen dabei unterschiedlichste Fragestellungen beispielsweise zur Verhütung und Bekämpfung von häuslicher Gewalt, bezüglich der Sicherheit und Sauberkeit in den Stadtteilen, zur Verkehrspolitik im Hinblick auf Emissionen oder zur Parksituation in der Stadt Bremen.

Da es für die Akzeptanz von Bürger*innenforen wichtig ist, dass ihre Empfehlungen unmittelbar in einen politischen Entscheidungsprozess münden, sollten die Ergebnisse auch in den politischen Gremien gehört und diskutiert werden. Dies beinhaltet je nach Fragestellung zunächst auch die Ebene der Beiräte, deren Beteiligungs- und Entscheidungsrechte gewahrt bleiben müssen, und als zweites danach auch die Stadtbürgerschaft.

Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:
Die Stadtbürgerschaft fordert den Senat auf,
1. der Stadtbürgerschaft innerhalb von sechs Monaten nach Beschlussfassung geeignete Fragestellungen für drei Bürger*innenforen vorzuschlagen und ein Konzept für die konkrete Umsetzung einschließlich des damit verbundenen Aufwands und einer wissenschaftlichen Begleitung für ein Pilotprojekt Bürger*innenforen darzustellen;
2. anschließend dem Ausschuss für Bürgerbeteiligung, bürgerschaftliches Engagement und Beiräte über die Umsetzung des Konzepts regelmäßig zu berichten.

Ralph Saxe, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Muhammet Tokmak, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Olaf Zimmer, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE