Konsequenzen aus der #IranRevolution ziehen - Für einen echten Abschiebestopp!

Leonidakis

Gemeinsame Erklärung der fluchtpolitischen Sprecherinnen der LINKEN im Bundestag, in den Landtagen und im Europaparlament

Seit dem gewaltsamen Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam Mitte September 2022 kommt es im Iran zu den größten Protesten seit dem Sturz des Schah-Regimes 1979. Das Mullah-Regime reagiert mit äußerster Härte: Mehr als 19.000 Menschen wurden im Zusammenhang mit den Protesten festgenommen, Hunderte wurden getötet, darunter auch 70 Minderjährige. Vier Personen hat das Regime bereits hingerichtet, zahlreiche weitere wurden zum Tode verurteilt. Die Regierenden in Deutschland und die deutschen Behörden haben aus diesen Geschehnissen bislang nicht die notwendigen asyl- und aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen gezogen:

  1. Die bereinigte Schutzquote bei Asylentscheidungen in Bezug auf Iran lag im Jahr 2022 bei 45 Prozent, d.h. die Mehrheit der iranischen Asylsuchenden hat keinen Schutz bekommen. Das wird der Menschenrechts- und Bedrohungslage im Iran in keiner Weise gerecht. In den Monaten September bis Dezember 2022 ist die Schutzquote nicht etwa gestiegen, sondern im Gegenteil etwas zurückgegangen. Überdurchschnittlich viele BAMF-Entscheidungen zu iranischen Geflüchteten mussten im ersten Halbjahr 2022 von den Verwaltungsgerichten korrigiert werden (42 Prozent der überprüften Bescheide). Bundesinnenministerin Nancy Faeser muss dafür sorgen, dass das BAMF seine Entscheidungspraxis an die realen Verhältnisse im Iran anpasst. Bis auf weiteres darf es keine Ablehnungen und Abschiebungsandrohungen gegenüber iranischen Asylsuchenden geben. Verfolgte Iraner:innen brauchen Schutz!
  2. Noch im Oktober 2022 hat Bayern eine Person in den Iran abgeschoben. Dabei war seit Beginn der Proteste klar, dass jede Abschiebung in den Iran eine konkrete Lebensgefahr für die Betroffenen bedeutet. Auf der Innenministerkonferenz Anfang Dezember 2022 haben die Bundesländer sich zwar darauf geeinigt, bis auf weiteres nicht in den Iran abzuschieben, mit Ausnahme so genannter „Gefährder“, „schwerer Straftäter“ oder „hartnäckiger Mitwirkungsverweigerer“. Eine bundeseinheitlich geltende ausdrückliche Abschiebstoppregelung, wie es sie zuletzt für Syrien gab, wurde jedoch nicht beschlossen. So sind iranische Geduldete zum Teil weiterhin von Leistungskürzungen und Arbeitsverboten betroffen, außerdem mangelt es an einer sicheren Perspektive. Wir fordern die Innenminister:innen von Bund und Ländern deshalb auf, umgehend einen echten Abschiebestopp zu beschließen, der für alle Geflüchteten aus dem Iran gilt.
  3. Rund 10.000 Iraner:innen leben mit dem prekären Staus der Duldung in Deutschland, viele von ihnen (fast 2.200) haben nur eine „Duldung light“. Eine Rückkehr in den Iran wird der Mehrheit von ihnen absehbar nicht möglich sein. Zusätzlich zu einem Abschiebestopp müssen die Landesregierungen deshalb im Einvernehmen mit der Bundesinnenministerin eine Bleiberechtsregelung nach § 23 Absatz 1 AufenthG für geduldete Iraner:innen schaffen, um dieser Gruppe Teilhabemöglichkeiten und eine aufenthaltsrechtliche Perspektive zu eröffnen. Die Bundesinnenministerin sollte eine solche Regelung vorschlagen und vorantreiben. Davon unabhängig müssen auf der Landesebene an iranische Geflüchtete verstärkt Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 5 AufenthG statt Duldungen erteilt werden, da eine Abschiebung bzw. Ausreise in den Iran absehbar nicht zumutbar ist.

Unterzeichnerinnen:

  • Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag
  • Carola Ensslen, Sprecherin für Flucht und Migration der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
  • Elif Eralp, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Berliner Abgeordnetenhaus
  • Cornelia Ernst, asyl- und migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Europaparlament
  • Andrea Johlige, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg
  • Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag
  • Sofia Leonidakis, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Bremischen Bürgerschaft
  • Juliane Nagel, Sprecherin für Flucht- und Migrationspolitik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
  • Henriette Quade, asylpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt
  • Katina Schubert, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Berliner Abgeordnetenhaus