Bremens Schulen stärken – Personalversorgung an Schulen in Bremen und Bremerhaven mittelfristig absichern

In den kommenden Jahren wird die Zahl der Schüler:innen an den Bremer Schulen stark steigen. Nach Berechnungen des Statistischen Landesamtes werden im Jahr 2028 bis zu 15 Prozent mehr Kinder und Jugendliche die Schule besuchen als noch 2018. Um den steigenden Bedarfen gerecht zu werden, müssen räumliche und personelle Mehrbedarfe für die Schulen im Land Bremen in den Blick genommen werden. Um ausreichende Schulraumkapazitäten sicherzustellen, hat der Bremer Senat bereits 2018 eine Schulstandortplanung vorgelegt und die Senatskommission für Kita- und Schulbau eingesetzt.

Zu guter Schule gehört aber mehr als die Sicherstellung ausreichender Schulraumkapazität. Dem Fachkräftemangel muss aktiv entgegengetreten werden, um die umfassende Versorgung mit qualifiziertem Fachpersonal zu gewährleisten. Dabei ist zu beachten, dass an Schule heute nicht nur Lehrpersonal tätig ist, sondern multiprofessionelle pädagogische Teams die komplexen Aufgaben wahrnehmen. Mit einer Steigerung der Ausbildungskapazitäten im Referendariat für das Lehramt, mit der Einführung der schulischen Ausbildung zur Heilerziehungspflege auch an Bremer berufsbildenden Schulen, mit der Erweiterung der Ausbildungskapazitäten für Erzieher:innen sowie der projektierten Aufnahme des Studiums der Sozialen Arbeit auch an der Hochschule Bremerhaven hat das Land Bremen bereits intensiv auf diesen zunehmenden Bedarf an Fachkräften reagiert.

Es ist aber zu bezweifeln, dass diese bereits ergriffenen Maßnahmen ausreichen werden. Der Bildungsforscher Klaus Klemm hat in mehrere Studien (2014, 2018, 2021, 2022) Prognosen zum Fachkräftebedarf an Schulen erstellt und kommt zu dem Schluss, dass weder für die Primarstufe noch für die sogenannten MINT-Fächer der zukünftige Lehrkräftebedarf annähernd gedeckt ist. Dieser Befund gilt deutschlandweit und wird auch das Bundesland Bremen betreffen. In diese Prognosen ist noch nicht der neu geschaffene Ganztagsbetreuungsanspruch für Kinder im Grundschulalter eingerechnet, aus dem sich nochmals zusätzliche Personalbedarfe ergeben. Hier müssen nun die Bundesländer sowohl einzeln als auch in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gegensteuern, um eine ausreichende Versorgung mit pädagogischem Fachpersonal zu gewährleisten.

Daher ist es notwendig, analog zur Schulstandortplanung auch die mittelfristige Personalplanung aus der Landeszuweisungsrichtlinie für die Schulen noch einmal zu präzisieren und  zu aktualisieren. Die vorhandene und allgemein akzeptierte Landeszuweisungsrichtlinie ermittelt auf Basis der zu erwartenden Schüler:innenzahlen und unter Berücksichtigung von Variablen (wie z. B. dem Ganztag oder dem Bereich „Wahrnehmung und Entwicklung“) die durch den Haushalt zu finanzierende Zielzahl für das Lehrpersonal. Zu diesem Zweck ist vom Senat eine mittelfristige Personalplanung für den Schulbereich zu erarbeiten, erwartete Lücken bei den verschiedenen Professionen aufzuzeigen und der Bürgerschaft geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, diese Lücken zu schließen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

  1. auf Grundlage der Landeszuweisungsrichtlinie für unterrichtendes Personal und auf Grundlage einer zukünftigen Landeszuweisungsrichtlinie für nichtunterrichtendes pädagogisches Personal eine mittelfristige Personalbedarfsprognose für die Schulen im Land Bremen bis mindestens zum Jahr 2028 zu erarbeiten, in der die verschiedenen pädagogischen Professionen berücksichtigt werden. Bei dieser Planung sind u.a. die steigenden Schüler:innenzahlen zugrunde zu legen und Pensionierungen zu berücksichtigen. Die Planung muss nach Formen des Lehramts (analog der KMK-Lehramtstypisierung) sowie nach Fächern erfolgen, außerdem sind die steigenden Bedarfe des schulischen Ganztags und die Bedarfe zu berücksichtigen, die durch die inklusive Beschulung entstehen. Neben dem Lehramt gehören hierzu also auch die Bereiche Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Erzieher:innen, Heilerziehungspflege sowie Assistenzkräfte nach SGB VII und SGB IX.
  2. eine Prognose zu erstellen, ob die erwarteten Personalbedarfe im Bereich Schule anhand der aktuellen Ausbildungskapazitäten gedeckt werden können. Dabei sind die Ausbildungskapazitäten für das Lehramt an der Universität Bremen sowie im Referendariat im Land Bremen, der Kapazitäten in den Studiengängen Soziale Arbeit an den Hochschulen im Land Bremen sowie der Ausbildungskapazitäten an den Beruflichen Schulen für Erzieher:innen, heilpädagogischen Fachkräften und sozialpädagogische Assistenzen zu berücksichtigen.
  3. Maßnahmen vorzustellen, wie sich eventuell auftretende Lücken zwischen Bedarfen und Ausbildungskapazitäten ausgleichen lassen. Denkbare Maßnahmen sind neben Kapazitätserhöhungen an Universität, Hochschulen und dem Landesinstitut für Schule (LIS) auch verstärkte Bemühungen, Seiteneinsteiger:innen zu qualifizieren oder Teilzeitkräfte für eine volle Erwerbstätigkeit zu gewinnen. Zu prüfen ist auch, ob sich durch eine Aufhebung der engen Fächerbindung im Bereich des Lehramts für Inklusion an Oberschulen/Gymnasien mehr Studierende für diesen Lehramtstyp gewinnen ließen und ob die verschiedenen Weiterbildungsangebote für das Lehramt Inklusion in beiden Stadtgemeinden fortgeführt werden sollten.
  4. kurzfristige Maßnahmen vorzuschlagen, wie sich die ungleiche Personalverteilung zwischen den Stadtteilen der Stadtgemeinde Bremens ausgleichen lässt. Es ist zu prüfen, ob dies innerhalb der kommunalen Zuweisungsrichtlinie gestaltet werden kann.
  5. innerhalb der Kultusminister:innenkonferenz für eine gemeinsame Ausbildungsoffensive für Lehrer:innen zu werben, mit dem Ziel, bundesweit die Ausbildungskapazitäten koordiniert anzuheben und so dem erwarteten Fachkräftemangel zu begegnen. Hierbei sollte auch im Rahmen der KMK abgewogen werden, in welcher geeigneten Form der Bund als temporären Partner einer solchen Ausbildungsoffensive dieses Vorhaben unterstützen könnte.
  6. der Deputation für Kinder und Bildung bis zum 30. Juni 2022 Bericht zu erstatten und dann laufend jährlich aktualisierte Planungsdaten vorzulegen.

Miriam Strunge, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Gönül Bredehorst, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Christopher Hupe, Sülmez Dogan, Dorothea Fensak, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN