Zurück in die Zukunft: Rembertikreisel zurückbauen, ein attraktives Rembertiquartier neu entwickeln

Antrag der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Übergang vom Ostertor in die Bahnhofsvorstadt ist seit Jahrzehnten vom überdimensionierten Rembertikreisel mit seiner großen brachliegenden Mittelfläche geprägt. Heute verläuft durch den Kreisel ein Teil des Straßenzuges, der eine große Bedeutung für die Ost – West orientierten Verkehre quer durch das Stadtzentrum am Bahnhof vorbei zu den Weserbrücken im Westen und dem Autobahnzubringer Utbremen hat.

Der Übergang vom Ostertor in die Bahnhofsvorstadt ist seit Jahrzehnten vom überdimensionierten Rembertikreisel mit seiner großen brachliegenden Mittelfläche geprägt. Heute verläuft durch den Kreisel ein Teil des Straßenzuges, der eine große Bedeutung für die Ost – West orientierten Verkehre quer durch das Stadtzentrum am Bahnhof vorbei zu den Weserbrücken im Westen und dem Autobahnzubringer Utbremen hat.

Der Straßenring war einst geplant als Knotenpunkt für die anvisierte Mozarttrasse, eine große Autobrücke, die quer durch das Ostertor über die Weser bis in die Neustadt führen sollte. Für ihre Errichtung wurden in den 1960er-Jahren Teile eines alteingesessenen Quartiers abgerissen, des Rembertiviertels. Historische Fotographien und Zeitzeugenberichte dokumentieren eine ehemals lebendige, urbane Wohngegend, die erst durch die Zerstörung des Zweiten Weltkriegs und später durch den Bau des Rembertikreisels Stück für Stück vom bremischen Stadtplan verschwand. Der Rembertikreisel steht damit exemplarisch für eine Stadtplanung, die zugunsten damals für erforderlich gehaltener, aber letztlich überdimensionierter Verkehrsanlagen Aufenthalts- und Lebensqualität von Quartieren opferte und dort bis heute Attraktivitätsdefizite und soziale Ungerechtigkeiten verursacht. Die schlussendlich im Jahr 1974 ad Acta gelegte Realisierung der Mozarttrasse in Folge massiver Anwohner:innenproteste macht den damals bereits fertiggestellten Rembertikreisel funktionslos – bis heute.

Unsere stadtplanerischen Visionen und Mittel von heute sind andere. Wir wollen eine Stadt, die die soziale Funktion des öffentlichen Raums durch attraktiv gestaltete Orte zum Verweilen fördert und die Verkehrswege und Flächen für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen stärker berücksichtigt. Wir wollen eine Stadt der kurzen Wege, in der Bedarfe des täglichen Lebens innerhalb von wenigen Minuten erreichbar sind. Wir wollen unsere Stadt so gestalten, dass sie genügend bezahlbaren Wohnraum bereithält. Wir wollen eine Stadt, die gleichzeitig den Herausforderungen des Klimawandels und unserer Verantwortung mit Blick auf den Biosdiversitätsverlustes im urbanen Raum gerecht wird. In Bremen wollen wir diese stadtplanerischen Visionen im Maßstab kleinräumiger Quartiere verwirklichen. Die Vielfalt an unterschiedlichen Quartieren ist das, was Bremen ausmacht. Sie sind der Lebensmittelpunkt unserer Bürger:innen, haben für sie eine identitätsstiftende Funktion und bieten im Idealfall lebendige Nachbarschaften, soziale Netzwerke und inklusive Stadtgesellschaften.

Aber nicht nur unsere Zielvorstellungen sind andere als in den 60iger Jahren, auch unsere Möglichkeiten. Die systematische Reduktion der Schadstoffe, die sich in diesem stark befahrenen Straßenraum jahrzehntelang konzentriert haben, sowie die Verkehrswende, erlauben es mittlerweile, die Fläche zu bebauen und den Straßenraum zusammenzulegen. Möglicherweise strengere Schadstoffgrenzen im Zuge der Novellierung der EU-Luftqualitätsrichtlinie sind zu beachten. Im Zusammenhang mit dem Bau des Wesertunnels eröffnen sich weitere Spielräume zur Sanierung und Entwicklung der Bahnhofsvorstadt.

Der Rückbau des überdimensionalen Rembertikreisels bietet uns die Chance, an das alte Rembertiviertel anzuknüpfen und dem Übergang vom Ostertor in die Bahnhofsvorstadt wieder Quartierscharakter zu verleihen. Gerade dann, wenn hier entstehender Wohnraum in die Hand sozial orientierter Eigentümer:innen bzw. Vermieter:innen gelegt wird, die sich auch für die Gewährleistung guter Nachbarschaftsarbeit mit verantwortlich fühlen, wenn soziale Infrastruktur und Begegnungsorte geschaffen und bessere Bedingungen für umweltfreundliche und teilhabegerechte Mobilität geboten werden, kann vom Umbau des Rembertikreisels ein Aufwertungsimpuls für die sozial benachteiligte Bahnhofsvorstadt insgesamt ausgehen und gleichzeitig bezahlbarer Wohnraum in zentraler Lage geschaffen werden. Dieser Umbau des Rembertikreisels hin zum zentralen Puzzleteil für ein attraktives Rembertiquartier verlangt einen partizipativen Prozess, der insbesondere den zuständigen Beirat, benachbarte Institutionen und Initiativen und Expert:innen aus der Stadtgesellschaft an der genaueren Ausarbeitung beteiligen muss.

Klar ist, ein nach sozialen und ökologischen Maßstäben gestaltetes Rembertiquartier der Zukunft wird die Bahnhofsvorstadt aufwerten, die umliegenden Quartiere enger miteinander vernetzen und sozialräumliche Spaltungen überwinden helfen. Es wird damit unsere Stadt als Ganzes bereichern.

Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:
Die Stadtbürgerschaft fordert den Senat auf,

1. einen Prozess zu initiieren, um die innerstädtische Fläche des Rembertikreisels zugunsten von Wohnen in städtischer Hand, großzügigen Grün- und Begegnungsflächen sowie attraktiven Fuß- und Radverbindungen zwischen Bahnhofsvorstadt und Ostertor umzubauen und hierfür durch geeignete städtebauliche Verfahren, Untersuchungen und Wettbewerbe die Potentiale für eine Neuordnung des Rembertikreisels und auch im Kontext seiner Umgebung zu ermitteln und Varianten und Alternativen für die stadtplanerische Entwicklung dieses zentralen Gebiets für die öffentliche Diskussion aufzubereiten;
2. die Fragestellungen und Aufgabenstellungen eng mit der Baudeputation und dem Beirat abzustimmen und dabei die vorhandenen städtebaulichen Konflikte und Herausforderungen zu benennen. Folgende Ziele und Gesichtspunkte sollen beim Untersuchungs- und Planungsprozess eine besondere Bedeutung erfahren:
a. eine Wohnbebauung, die preisgebundenen Wohnraum sowie Wohnraum im mittleren Preissegment schafft,
b. in relevantem Umfang Wohneinheiten für größere Haushalte beinhaltet,
c. eine interessante und einladende Bebauung vorsieht, beispielsweise
durch das Aufgreifen historischer Wegebeziehungen, Vorhöfe, Hinterhäuser oder unterschiedliche Gebäudehöhen,
d. bedarfsgerechte soziale Infrastruktur und Bedarfe des täglichen Lebens einplanen, insbesondere über die Festlegung lebendiger Erdgeschosse,
e. eine Freiraumplanung, die Grünflächen für Begegnung, Erholung und
Spiel für die Bewohner:innen der östlichen Bahnhofsvorstadt insgesamt schafft,
f. den Altbaumbestand mit der Planung möglichst erhalten,
g. die für urbane Gebiete nötigen Anforderungen an gutes Mikroklima
und Klimaanpassung unter dem Leitbild der Schwammstadt mit ambi-
tionierten Maßnahmen erfüllen, h. die Auswirkungen auf die übergeordnete Verkehrsführung herausarbeiten und alternative Routen zur Ost-West-Verbindung durch das Stadtzentrum untersucht, i. eine Verkehrsführung, die auf den Umweltverbund von Fußverkehr, Radverkehr und ÖPNV ausgerichtet ist und die insbesondere die Radwegverbindung zwischen Humboldtstraße/Auf den Häfen und Breitenweg/Hauptbahnhof vollendet;
3. den öffentlichen Zugriff auf die Fläche dauerhaft zu erhalten, mit Gewoba und BREBAU zu klären, wie diese dem öffentlichen Wohl verpflichteten Gesellschaften eine zentrale Rolle für die Entwicklung dieses Quartiers übernehmen können und die Alternative Erbaupacht für Genossenschaften und Baugemeinschaften einbeziehen;
4. sicherzustellen, dass neu geschaffene Mietwohnungen ausschließlich in den Händen sozial orientierter Vermieter:innen verbleiben, die sich zugleich zur Gewährleistung guter Nachbarschaftsarbeit bereit erklären;
5. niedrigschwellige Mitwirkungsformate für Nachbarschaft und Öffentlichkeit auf Grundlage der konkret benannten Optionen für das Gebiet zu prüfen, die der üblichen sozialen Selektion bei Beteiligungsverfahren entgegenwirken;
6. der städtischen Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung spätestens in sechs Monaten die Ergebnisse der unter Punkt 2 angesprochenen Fragestellungen und Untersuchungsschwerpunkte vorzulegen.

Falk Wagner, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Bithja Menzel, Ralph Saxe, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN