Illegale Sportwetten und Spielmanipulation in Bremens Amateurfußball

Sportwetten sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen – damit auch die entsprechenden Folgen wie Glückspielsucht, Spielmanipulation, Jugendschutzgefährdung und Geldwäsche. Große Wettanbieter setzen Milliarden um und „normalisieren“ ihr Geschäftsmodell beispielsweise durch Sponsoring von Vereinen, Profiligen und über Werbespots bei Fernsehübertragungen.

Eine Investigativ-Recherche von Radio Bremen und der ARD hat aufgezeigt, dass diese Probleme auch Fußballbegeisterte in Bremen betreffen: Sportwetten sind dabei im Amateurfußball in Deutschland gesetzlich eigentlich streng verboten. Wer in Deutschland auf Spiele des Amateurfußballs unterhalb der 3. Liga wettet, macht sich strafbar (§21 GlüStV 2021). Dennoch gibt es einfache Möglichkeiten über Parallel-Seiten großer Wettanbieter, die angeblich nur für das Ausland bestimmt sind, Wetten auf Spiele des Bremer Amateurfußballs zu platzieren. Mit kleinen technischen Tricks lassen sich diese auch aus Deutschland bedienen und richten sich, zum Teil in deutscher Sprache, offensichtlich auch an ein deutschsprachiges Publikum.

Mit der Vielfältigkeit der Wettangebote steigt auch die Gefahr der Spielmanipulation. Im Amateurfußball ist diese erheblich, da die Sportler*innen wenig oder kein Geld verdienen und somit die Verlockung zur Spielmanipulation gegen Geld besonders groß ist. In Bremen gab es allein im Jahr 2022 fünf Spiele, die unter Verdacht der Spielmanipulation stehen (https://www.butenunbinnen.de/sport/sportwetten-bremen-liga-amateur-fussball-100.html). Der Bremer Fußball-Verband erklärte in diesem Beitrag, davon keine Kenntnis gehabt zu haben.

Ein anonymer Informant Radio Bremens beschreibt die regelmäßige Manipulation von Spielen des Bremer Amateurfußballs hingegen als offenes Geheimnis und sieht die Möglichkeit Wetten auf Amateurfußballspiele zu platzieren als notwendige Bedingung dafür. Live-Wetten sind besonders beliebt und bieten mit ihrem Format sowohl mehr Wettmöglichkeiten, also auch mehr Manipulationsmöglichkeiten. In der vergangenen Saison sind in der fünftklassigen Bremen-Liga bei mehr als 40 Prozent der Spiele Live-Wetten möglich gewesen (https://www.ardmediathek.de/video/story/angriff-auf-den-amateurfussball/br/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdFNjaGVkdWxlU2xvdC8yY2MyNjEzYy00MWYzLTQ4MGYtOWUyMi1hYzQ2ZWVmOTY2MTk).

Damit Wettanbieter Live-Wetten anbieten können, sind sie auf die Bereitstellung von Live-Spieldaten angewiesen. Sogenannte Datenscouts, welche das Spielgeschehen auf den Sportplätzen beobachten und in Echtzeit dokumentieren, stellen diese Daten den Sportwettenanbietern beispielsweise über die NASDAQ-notierte Plattform Sportradar zur Verfügung. Dagegen wehren sich zunehmend Sportvereine, wenn auf ihren Sportanlagen Datenscouts beim Dokumentieren von Live-Spieldaten zum Zwecke illegalen Wettens entdeckt werden. So erteilte zum Beispiel der Hamburger Oberligist Altona 93 einem Datenscout am 7. September ein Hausverbot für ihre Sportanlage und auch beim Bremer SV wurde am 8. September ein Datenscout nicht ins Stadion gelassen. Auch in der Regionalliga Nordost wurde am 14. September ein Datenscout beim Spiel von Babelsberg 03 dem Stadion verwiesen und an die Polizei übergeben. Dieser Umgang könnte dem Bremer Amateurfußball als Beispiel dienen, um zumindest die Verfügbarkeit von Live-Wetten einzuschränken.  

Als erklärter Gegner von Sportwettensponsorings forderte Innensenator Mäurer in einer Pressemitteilung vom 16.08.2024 ein härteres Eingreifen gegen das „schmutzige Milliardengeschäft“. In dieser kündigte er an, sich bei der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) gegen Angebote deutscher Wettspielanbieter auf Parallel-Seiten im Ausland einzusetzen. Denkbar sind aber nach Ansicht der Fragesteller*innen auch schnell wirksame lokale Maßnahmen wie „Hausverbots-Schilder“ für Datenscouts an städtischen Sportanlagen mit Amateurfußballbetrieb.

Wir fragen den Senat:

  1. Wie bewertet der Senat das Problem der illegalen Sportwetten sowie der Spielmanipulation in den Amateur-Ligen in Bremen bzw. mit Beteiligung Bremer Mannschaften (Regionalliga)?
  2. Wie groß ist der Umfang des Problems der Suchterkrankung im Bereich der Sportwetten in Bremen nach Kenntnis des Senats?
  3. Auf wie viele Spiele des Bremer Amateurfußballs konnten nach Kenntnis des Senats in den letzten fünf Jahren Sportwetten platziert werden?
  4. Wie groß ist das Wettvolumen der Sportwetten auf Spiele im Bremer Amateurfußball der letzten fünf Jahre nach Kenntnis des Senats?
  5. Wie viele Spiele des Amateurfußballs in Bremen bzw. mit Beteiligung Bremer Mannschaften standen seit 2019 unter strafrechtlichem Manipulationsverdacht?
  6. Wie viele Strafverfahren gab es nach Kenntnis des Senats in den letzten fünf Jahren in Bremen diesbezüglich und mit welchem Verfahrensstand wurden diese Ermittlungsverfahren jeweils abgeschlossen?
  7. Wie viele dieser Ermittlungsverfahren richteten sich gegen am jeweiligen Spiel beteiligte Fußballspieler*innen?
  8. Wie bewertet der Senat in diesem Kontext einen Einsatz von Verbandssperren gegen Bremer Amateurfußballspieler, welche auf eigenen Spiele Sportwetten platzieren oder unter begründetem Verdacht der Spielmanipulation stehen?
  9. Plant der Senat sich bei der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) für den Entzug der Lizenzen von in Deutschland zugelassene Sportwettanbietern einzusetzen, welche Sportwetten auf Parallel-Seiten im Ausland auf Spiele des deutschen Amateurfußballs anbieten?
  10. Wie bewertet der Senat den Vorschlag, die Bereitstellung bzw. den Verkauf von (Live-)Spieldaten über Amateurfußballspiele durch Datenscouts an Sportwettanbieter mit Lizenz für den deutschen Markt mit einer Reform des Glücksspielstaatsvertrages zu verbieten?
  11. Wie bewertet der Senat den Vorschlag, mit Hilfe des Sportamts die Tätigkeit von Datenscouts auf städtischen Anlagen zu verbieten, dieses Verbot auf den städtischen Anlagen entsprechend zu kennzeichnen und die Bremer Sportvereine und den Fußballverband zu ermutigen auf ihren vereinseigenen Sportanlagen selbiges zu tun?
  12. Wie plant der Senat das Verbot von Sportwetten auf Spiele in Bremens Amateur-Ligen ansonsten effektiv durchzusetzen?

Cindi Tuncel, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE