Umsetzung der Drogenhilfestrategie – Verdrängung statt Unterstützung

Große Anfrage der Fraktion Die Linke: Im Dezember 2023 hat der Senat eine ressortübergreifend entwickelte Drogenhilfestrategie beschlossen, um den wachsenden Herausforderungen im Bereich der Drogenpolitik in der Stadt Bremen zu begegnen. Die Strategie beinhaltet ein breites Bündel an Maßnahmen und setzt auf ein „Vier-Säulen-Prinzip“, eine Kombination aus Prävention, Repression/Regulierung, Schadensminimierung/Überlebenshilfen und

Beratung/Therapie. Vorrangige Ziele im Zusammenhang mit der Drogenhilfestrategie sind der Auf- und Ausbau dezentraler Hilfsangebote und Toleranzflächen für Konsument:innen in den Stadtteilen unter enger Einbindung der Beiräte.

Im Dezember 2023 hat der Senat eine ressortübergreifend entwickelte Drogenhilfestrategie beschlossen, um den wachsenden Herausforderungen im Bereich der Drogenpolitik in der Stadt Bremen zu begegnen. Die Strategie beinhaltet ein breites Bündel an Maßnahmen und setzt auf ein „Vier-Säulen-Prinzip“, eine Kombination aus Prävention, Repression/Regulierung, Schadensminimierung/Überlebenshilfen und
Beratung/Therapie. Vorrangige Ziele im Zusammenhang mit der Drogenhilfestrategie sind der Auf- und Ausbau dezentraler Hilfsangebote und Toleranzflächen für Konsument:innen in den Stadtteilen unter enger Einbindung der Beiräte.

Zunächst sollen dabei bestimmte Pilot-Stadtteile (Bremen-Mitte inklusive östliche Vorstadt, Gröpelingen, Vegesack und Neustadt) verstärkt in den Blick genommen werden. Weitere vereinbarte Ziele sind mitunter die Verlagerung des öffentlichen Konsums in die Drogenhilfeangebote, ein ressortübergreifendes und gemeinsames Handeln und Auftreten im Bereich der Drogenpolitik sowie die Prävention von Abhängigkeitserkrankungen. Bis Ende 2025 sind für die Umsetzung der Drogenhilfestrategie zunächst 10 Millionen Euro über zwei Jahre eingeplant. Daraus sollen vor allem bereits bestehende Maßnahmen und Projekte weitergeführt und teils ausgebaut werden.

Der Fokus der Drogenhilfestrategie liegt entsprechend des Senatsbeschlusses auf der Versorgung und Unterstützung von Konsument:innen und der Verhinderung von negativen Auswirkungen des Konsums für die Mitmenschen. Repressive und ordnungspolitische Maßnahmen sollen vor allem flankierend wirken, um beispielsweise die Konsument:innen in Richtung der Hilfsangebote zu orientieren und unkontrollierten Konsum in der Öffentlichkeit weitestgehend zu vermeiden.

In den letzten Monaten führten Polizei und Ordnungsamt jedoch verstärkt Kontrollen rund um den Hauptbahnhof sowie in direkter Nähe zu Drogenhilfeeinrichtungen und Toleranzflächen durch. Hierdurch erfolgte eine Verdrängung der Drogenszene in die Stadtteile, ohne das gleichzeitig ausreichend Hilfs- und Unterstützungsangebote vor Ort aus- und aufgebaut wurden. Diese ungleichzeitige Umsetzung der Drogenhilfestrategie führt einerseits zu Problemen für die Szenemitglieder und lässt andererseits die
Einzelmaßnahmen selbst ins Leere laufen. Die Kontrollen in direkter Nähe zu den Hilfseinrichtungen und Toleranzflächen wirken abschreckend und können dazu führen, dass die Konsument:innen die Hilfseinrichtungen und Toleranzflächen meiden und somit keine bedarfsgerechte Versorgung erhalten. Andererseits führt die derzeitige Praxis auch zu massiven Problemen für die Anwohnenden in den entsprechenden Stadtteilen, weil der Konsum unkontrolliert und öffentlich stattfindet. Gerade dies sollte
durch die Drogenhilfestrategie vermieden werden. Da die Drogenhilfestrategie nur noch bis Ende 2025 mit finanziellen Mitteln unterlegt ist, stellt sich zudem die Frage nach ihrer Fortführung. Die aktuelle Lage macht deutlich, dass es umfassende Maßnahmen der Drogenhilfe zwingend braucht, um den derzeitigen Problemen entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund erkundigen wir uns nach dem derzeitigen Umsetzungsstand sowie den zukünftigen Plänen in Bezug auf die Drogenhilfestrategie.

Wir fragen wir den Senat:
1. Wie viele Kontrollen führten Polizei und Ordnungsamt jeweils zu welchem Zweck in 2024 im Umfeld der Toleranzflächen und Drogenhilfeeinrichtungen durch (bitte einzeln nach jeweiliger Fläche/Einrichtung und Datum aufschlüsseln)?
2. Wie viele Platzverweise, Ingewahrsamnahmen, (vorläufige) Festnahmen, Durchsuchung von Personen oder Durchsuchung von Sachen wurden bei diesen Kontrollen insgesamt vorgenommen, und wie viele dieser Kontrollen mündeten in Verfahren mit einer Geld- oder Haftstrafe (inklusive Ersatzfreiheitsstrafen)?
3. Wie werden die weiteren in die Umsetzung der Drogenhilfestrategie involvierten Stellen und Ressorts über die Kontrollen als Ganzes, über konkrete Kontrollen und über Veränderungen der Kontrollintervalle
informiert?
4. Wie gestaltet sich der in der Drogenhilfestrategie vorgesehene Austausch zwischen Polizei und Ordnungsamt sowie den Trägern von Drogenhilfeeinrichtungen?
5. Werden die Träger der Einrichtungen und die Einrichtungen selbst ebenfalls über die Kontrollen als Ganzes, konkrete Kontrollen oder Veränderung der Kontrollintervalle informiert?
6. Auf welche Erkenntnisse anderer Städte wie Frankfurt, Hamburg oder Zürich fußt das Vorgehen von Polizei und Ordnungsamt in Bremen?
7. Gab es bereits die in der Drogenhilfestrategie angedachten Schulungen bei der Polizei zum Thema Suchthilfe und zum sensiblen Umgang mit Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung?
8. Wie bewertet der Senat das Vorgehen der Polizei und des Ordnungsamtes gegen Drogenkonsumierende?
9. Wie entwickelte sich in Folge der Kontrollen die Nutzung der jeweiligen Toleranzflächen oder Drogenhilfeeinrichtungen durch Drogenkonsumierende?
10. Welche Kenntnisse hat der Senat davon, an welchen Orten sich Drogenkonsumierende aktuell vermehrt aufhalten?
11. Welche Folgen ergeben sich aufgrund der Verdrängung von Drogenkonsumierenden weg vom Hauptbahnhof in die Stadtteile für die jeweiligen Stadtteile?
12. In welchem Umfang findet derzeit ein regelmäßiger ressortübergreifender Austausch in der Drogenpolitik zur Koordination eines gemeinsamen Vorgehends und Auftretens statt?
13. Welche Maßnahmen, die andere Städte wie Frankfurt, Hamburg oder Zürich umsetzen, dienen dem Senat als Vorbild bei der Umsetzung der Drogenhilfestrategie?
14. Wie ist der derzeitige Umsetzungsstand der einzelnen Maßnahmen der Drogenhilfestrategie, die bereits mit finanziellen Mitteln unterlegt sind (bitte getrennt nach Ressortverantwortung berichten)?
15. Welche Aufenthalts- und Unterbringungsmöglichkeiten gibt es derzeit für obdachlose Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung in Bremen?
a) Wo befinden sich diese, und wie sind die Öffnungszeiten ausgestaltet?
b) Inwieweit entsprechen diese Aufenthalts- und Unterbringungsmöglichkeiten den Bedarfen von obdachlosen Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung (beispielsweise tolerierter Konsum in Unterkünften)?
c) Welche Planungen gibt es derzeit bezüglich des Auf- und Ausbaus von Aufenthalts- und Unterbringungsmöglichkeiten für Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung (insbesondere auch in den Stadtteilen), der Ausweitung von Öffnungszeiten und der bedarfsgerechten Ausgestaltung der Aufenthalts- und Unterbringungsmöglichkeiten?
16. An welchen Stellen ist im Rahmen der Drogenhilfestrategie bisher eine Einbeziehung der Beiräte erfolgt?
17. Inwieweit und in welcher Höhe wurden die durch die Drogenhilfestrategie zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel bereits abgerufen (bitte nach Maßnahme und Ressortzuständigkeit getrennt
berichten)?
18. Wie plant der Senat die Finanzierung der Drogenhilfestrategie im kommenden Doppelhaushalt 2026 und 2027?
19. Welche weiteren Maßnahmen sind in den kommenden Jahren im Rahmen der Drogenhilfestrategie nötig, um das vom Senat bereits mehrfach adressierte Vier-Säulen-Prinzip erfolgreich umzusetzen?

Olaf Zimmer, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion Die Linke