Ein neuer Bremen-Fonds zur Abwendung der sozialen und ökonomischen Verwerfungen durch die Energiepreiskrise

Die Folgen des Angriffskrieges auf die Ukraine treffen die Verbraucher*innen und die Wirtschaft auch im Land Bremen heftig. Vor allem die Preissteigerungen bei den Energiekosten sowie zum Teil stark gestiegene Lebensmittelpreise stellen viele Menschen vor existenzielle Probleme. Bei der Bekämpfung dieser Folgen ist die schnelle Einführung einer Strom- und Gaspreisdeckelung zentral, da sie präventiv wirkt, während die Entlastungspakete auf Bundesebene bislang nur die Symptome der Preissteigerungen partiell abmildern. Allerdings führt die Unklarheit in Bezug auf die Reichweite und Wirkungstiefe der auf EU- und Bundesebene angedachten Energiepreisbremsen für Gas und Strom und der Konflikt um die Finanzierung der Maßnahmen zu einem zeitlichen Verzug, der für viele Menschen und Unternehmen existenzgefährdend sein kann und schon jetzt eine tiefe Verunsicherung hinterlässt.

Um im Land Bremen die Menschen, die Krankenhäuser, die öffentlichen Einrichtungen, die Unternehmen u.v.m. notfalls abzusichern, müssen deshalb jetzt entsprechende Vorbeugemaßnahmen auf Landesebene für den Nachtragshaushalt 2023 vorbereitet werden.

Da auch die öffentliche Hand von den steigenden Energiepreisen und der drohenden Rezession betroffen ist, werden zusätzliche Aufwendungen nicht über den regulären Haushalt finanzierbar sein. Andere Bundesländer wie Berlin und Brandenburg haben schon die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel angekündigt. Deshalb wollen wir in Anlehnung an den bewährten Bremen-Fonds zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ein ähnlich strukturiertes Landesprogramm zur sozialen und ökologischen Abwendung der Energiepreis- und Versorgungskrise auflegen: einen neuen Bremen-Fonds bzw. den Bremen-Fonds II.

Absicherung für die Bremer*innen und die öffentliche Infrastruktur

Für folgende Bereiche soll der neue Fonds genutzt werden:

Schwerpunkt 1

Entlastungen für private Haushalte: Gas- und Stromsperren müssen – wenn nötig – auch mit Landesmitteln abgewendet werden, öffentliche Wohnungsbaugesellschaften sollen ein Kündigungsmoratorium bei Zahlungsverzug umsetzen. Parallel zur Umsetzung des Nachfolgeangebots für das 9-Euro-Ticket soll das Sozialticket noch weiter vergünstigt werden. Bei öffentlich erhobenen Gebühren ist darauf zu achten, dass diese nicht weiter inflationstreibend wirken. Sofern nicht zeitnah ein Energiepreisdeckel für Grundkontingente an Gas und Strom auf Bundesebene eingeführt wird, können landespolitische Maßnahmen dieser Art nötig werden.

Schwerpunkt 2

Übernahme der Mehrkosten durch die allgemeine Preissteigerung und durch gestiegene Energiekosten für öffentliche Einrichtungen etwa Schulen, Kitas, Hochschulen, das Studierendenwerk, die Ressorts etc.. Hier müssen auch Personalmittel abgesichert werden, die für die deutliche Aufstockung der Wohngeldstelle, die Bremer Aufbaubank, die Verbraucherzentrale (speziell für die Energieberatung) und andere Einrichtungen, die durch die jüngsten Gesetzesänderungen und die Auswirkungen der Energiekrise auf die Verbraucher*innen nötig geworden sind.

Schwerpunkt 3

Ausgleich der Preissteigerungen bei Zuwendungsempfänger*innen, Sportvereinen, offener Jugendarbeit, Kultureinrichtungen und freigemeinnützigen Krankenhäusern.

Schwerpunkt 4

Übernahme der Energiekosten- und Preissteigerungen für Eigenbetriebe und Beteiligungen, insbesondere für den Klinikverbund Gesundheit Nord (GeNo), die BSAG, Hansewasser, die BLG sowie die Bremer Bäder. Etwa im Fall von Hansewasser sind vorrangig Gewinne heranzuziehen, damit eine Umlage auf die Gebühren vermieden werden kann.

Schwerpunkt 5

Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und für Soloselbstständige: Auch hier sind erst die möglichen Gewinne (sofern die Gewinne nicht das Einkommen der Eigentümer*innen sind) und Mittel des Bundes heranzuziehen. Maßstäbe können insbesondere hier die Energiekosten, die Steuererklärung oder die Jahresabschlüsse sein.

Schwerpunkt 6

Transformation und Energieeinsparung: Förderprogramme für Energiesicherheit und Umbau der Versorgung auf regenerative Energien (diesen Teil kann man auch begründeterweise in einen Klimafonds verlagern).

Mit einem Puffer von 500 Millionen Euro durch den Winter

Für 2023 gehen wir von einem Finanzbedarf im Land Bremen in Höhe von rund 500 Millionen Euro aus. Gegebenenfalls müssen auch noch Mindereinnahmen durch die Steuersenkungen des Bundes vom Land zusätzlich kompensiert werden, sofern der Bund nicht stärker als bislang die finanzielle Verantwortung übernimmt. Für diese Mehrbedarfe braucht es einen starken Fonds, der 500 Millionen Euro umfassen sollte. Damit ist der Fonds noch immer kleiner als sein Vorgänger, der erste Bremen-Fonds mit einem Volumen von 1,2 Milliarden Euro, und das obwohl die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen vielleicht sogar noch größer sind.

Sollte zudem der 10 Millionen Euro umfassende Härtefallfonds im Nachtragshaushalt 2022 nicht ausreichen, muss dieser Posten im Haushalt aus den verfügbaren Rücklagen der Anstalt zur Bildung einer Rücklage für Versorgungsvorsorge der Freien Hansestadt Bremen (AVV) aufgestockt werden.

Notsituation von der Schuldenbremse erklären

Wieso soll sich die öffentliche Hand bei der Bekämpfung der Krise immer weiter verschulden, wenn doch manche Unternehmen abenteuerliche Gewinne mit den gestiegenen Energiekosten machen? Diese Frage haben wir LINKE, Gewerkschaften, Ökonom*innen sowie andere Parteien immer wieder gestellt. Richtigerweise wurde auf EU-Ebene eine Übergewinnsteuer („Solidarabgabe“) für Energieunternehmen beschlossen, die wir als Antwort ausdrücklich begrüßen. Um zu einem faireren Anteil an der Gegenfinanzierung der Krisenkosten zu kommen, sollten aber – anders als geplant – nicht zwei Drittel der Übergewinne unangetastet bleiben. Wir fordern die Besteuerung der vollen Übergewinne. Außerdem sollte bei der Berechnung auch das Wirtschaftsjahr 2022 einbezogen werden. Hier muss bei einer Umsetzung in nationales Recht nachgeschärft werden. Und die Einnahmen aus der Übergewinnsteuer müssen auch bei den Kommunen und Ländern ankommen!

Für die Aufnahme neuer Kredite in Form eines neuen Bremen-Fonds wird es in jedem Fall nötig sein, für den Nachtragshaushalt 2023 die Ausnahmeregelung von der Schuldenbremse zu erklären. Diese Regelung ließe sich heute bereits rechtssicher ziehen: Bei der Energiepreiskrise handelt es sich eindeutig um eine außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Der Bund hat mit Blick auf das Haushaltsjahr 2022 bereits eine entsprechende Notsituation erklärt, aus der mehrjährige Finanzierungen im Bereich Kriegsfolgen und Energiepreiskrise getätigt werden sollen.

Wir fordern deshalb die kurzfristige Erklärung der Ausnahmeregelung von der Schuldenbremse, damit Bremen und Bremerhaven mit einem neuen Fonds sicher durch den Winter kommen!


Hier können Sie das Positionspapier auch downloaden.