Fragestunde der Bremischen Bürgerschaft im Monat Mai 2024

Der Senat antwortet:

Antisemitische Bedrohungslage und Versammlungsfreiheit an der Universität Bremen im Kontext Israel/Palästina

Anfrage der Abgeordneten Tim Sültenfuß, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE

Wir fragen den Senat:
1. Welche Erkenntnisse liegen Senat und Universitätsleitung über antisemitische Vorkommnisse und Straftaten an der Universität Bremen oder Bedrohungslagen jüdischer Studierender vor?
2. Welche Erkenntnisse führten zu der Entscheidung des Rektorats, das friedliche Protestcamp aufgrund des Risikos der Entstehung einer sicherheitsgefährdenden Situation aufzulösen und welche Rechtsabwägung wurde hinsichtlich der Versammlungsfreiheit durch die Innenbehörden vorgenommen?
3. Welche Maßnahmen sind geplant oder wurden bereits ergriffen, um der derzeitigen Polarisierung entgegenzuwirken, den Schutz von jüdischen Studierenden und die Meinungsfreiheit sowie den demokratischen Diskurs an Universität und Hochschulen zu gewährleisten?

Der Senat antwortet:

Zu Frage 1: In den Beratungsstellen der Universität sowie in der Rechtsstelle wurden keine Vorfälle angezeigt. Das Rektorat wurde durch dritte Personen auf Flugblätter externer Gruppen, die zum Teil verbale Anfeindungen und Entwertungen zum Inhalt hatten und auf dem Campus verteilt wurden, aufmerksam gemacht. Ferner kam es vereinzelt zu Schmierereien an Universitätsgebäuden, die zur Übergabe an den Staatsschutz dokumentiert und anschließend umgehend entfernt wurden.

Zu Frage 2: Am 08.05.24 ist es in der Glashalle der Universität Bremen unangemeldet zum Aufbau eines von Studierenden initiierten friedlichen pro-palästinensischen Protestcamps gekommen. Nach Aufrufen in sozialen Medien, sich dem Protest anzuschließen, hat die Universitätsleitung aus Sicherheitsgründen entschieden, das Camp in der Glashalle aufzulösen. Die Glashalle ist ein Durchgangsort und nur für eine begrenzte Personenzahl ausgewiesen. Die Auflösung erfolgte angesichts des nicht kalkulierbaren Risikos, dass sich aus dem friedlichen Protest eine massiv sicherheitsgefährdende Situation entwickelt. Der Einschätzung der Universitätsleitung ging eine eingehende juristische Abwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie die Beratung mit der Einsatzleitung der Polizei vor Ort voraus.

Zu Frage 3: Jegliche Form des Antisemitismus sowie der Gewalt und Diskriminierung haben keinen Platz an den Hochschulen im Land Bremen, die für Vielfalt und Weltoffenheit stehen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die am 23. April 2024 in Kraft getretene Antidiskriminierungssatzung der Universität Bremen zu verweisen, die für die Universität bindend ist. Die Satzung umfasst Maßnahmen, Verfahrensregelungen, niedrigschwellige  Interventionsmöglichkeiten sowie Beratungs- und Beschwerdewege und berücksichtigt darin die Empfehlungen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gemäß der „Bausteine für einen systematischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen“. Die Universität Bremen schließt sich damit den bundes-
weiten Bestrebungen vieler Hochschulen und Universitäten an und übernimmt ihre gesellschaftspolitische und rechtliche Verantwortung, den Umgang mit und den Schutz vor Diskriminierung mittels geeigneter Maßnahmen sicherzustellen.

Die Universitätsleitung hat unmittelbar das Gespräch mit den Sprecher:innen des Protestcamps vor Ort gesucht. Es wurde vereinbart, dass sich Unileitung und Sprecher:innen des Protestcamps im Nachgang erneut zusammenfinden. Dies ist erfolgt. Ebenso erfolgte am 13. Mai 2024 eine öffentliche Positionierung der Unileitung zu den Forderungen der Studierenden des Protestcamps.

Neben dem Austausch mit den Sprecher:innen des Protestcamps gab es in der Folgezeit zahlreiche Einzelgespräche und regen Austausch der Unileitung u. a. mit dem Vorsitzenden der Schurah Bremen, mit Lehrenden und Studierenden der Universität sowie mit ehemaligen Studierenden und Lehrenden der Uni Bremen. Zudem gab es am 22. Mai 2024 eine Aktuelle Stunde im Akademischen Senat mit ausgiebiger Diskussion zum Protestcamp. Es besteht ein aktueller Austausch der Konrektorin für Internationalisierung, wissenschaftliche Qualifizierung und Diversität und dem Diversity-Management der Universität mit dem Beauftragten für Interreligiösen Dialog der evangelischen Kirche Bremen sowie der Jüdischen Gemeinde zu möglichen zukünftigen Angeboten zum Thema Diskriminierungssensibilität. Zum Verband Jüdischer Studierender Nord und dem Institut für Religionspädagogik an der Universität Bremen wurde in dem Zusammenhang ebenfalls Kontakt aufgenommen und weitere Gesprächsrunden sind verabredet.