Wachsende Altersarmut in Bremen – Linksfraktion fordert solidarische Renten- und Pflegerefom

Auf Initiative der Linksfraktion haben die Koalitionsfraktionen umfassende Daten zur Alterssicherung und Altersarmut in Bremen beim Senat erfragt. Die Antworten werden in der heutigen Senatssitzung beschlossen und zeigen einen großen Handlungsbedarf auf.

Sofia Leonidakis, Vorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, kommentiert: „Von den insgesamt fast 130 Tausend Rentnerinnen und Rentnern sind immer mehr von Altersarmut betroffen und müssen Grundsicherung im Alter beziehen. Das ist entwürdigend und wirft ein Schlaglicht auf eine Gesellschaft, die es nicht ausreichend hinbekommt, Menschen nach einem langen Erwerbsleben einen armutsfreien Lebensabend in Würde zu ermöglichen“, kritisiert Sofia Leonidakis, sozialpolitische Sprecherin und Vorsitzende der Fraktion Die Linke in der Bremischen Bürgerschaft.

Insgesamt beziehen im Land Bremen 129.924 Menschen Alterssicherung, davon 75.184 Frauen und 54.740 Männer. Wenngleich die Durchschnittsrente von Männern mit deutscher Staatsangehörigkeit innerhalb von 10 Jahren von 1107 Euro in 2014 auf 1403 Euro in 2023 gestiegen ist, wurde diese Steigerung von der Inflation mehr als aufgefressen. Die gesamte Armutsquote der über 65jährigen in Bremen stieg allein von 2021 bis 2023 von 22,7 auf 24,3 Prozent. Die Armutsquote von Menschen mit Migrationshintergrund ist von dramatisch hohen 44,8 Prozent im Jahr 2021 auf 53,3 Prozent in 2023 noch weiter gestiegen.

Die Durchschnittsrenten von Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit in Bremen und Bremerhaven lag nie über der Armutsschwelle: Sie entwickelte sich von 622 auf 912 Euro. Noch schlechter steht es um die Durchschnittsrenten der über 65jährigen mit einer anderen als der deutschen Staatsangehörigkeit: Bei Frauen liegen sie bei 573 Euro und bei Männern bei 874 Euro im Monat.

Bei denjenigen, die 2023 neu in die Rente eingetreten sind, ist mehr als die Hälfte direkt in der Altersarmut gelandet: Unter und an der Armutsschwelle waren die Renten von 2923 Personen, darüber von 2.226 Personen. Es leben also mehr Neurentner*innen im Jahr 2023 unter oder an der Armutsgrenze als darüber. Das entspricht rund 56%.

„Im Rentensystem klaffen große Gerechtigkeitslücken: Vor allem Frauen und Menschen mit Migrationsgeschichte sind nicht nur im aktiven Erwerbsleben, sondern auch im Alter die Angeschmierten. Sie haben schlechtere Jobs, mit weniger Anerkennung und niedrigeren Löhnen, die fast schon automatisch in die Altersarmut führen. Es braucht daher gezielte Maßnahmen für die Aufwertung von weiblich geprägten Berufsfeldern, mehr Kinderbetreuung und eine bessere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen“, fordert Leonidakis. „Das Drama ist ja nicht nur der Gang zum Amt, sondern auch, dass die Renten immer weniger ausreichen, um einen Pflegeheimplatz zu bezahlen. Hier sind die Leistungsbezüge dramatisch gestiegen: Der Anteil der Pflegebedürftigen, die Hilfen zur Pflege beziehen, ist in Bremen zwischen 2019 und 2023 von 34 auf 42 Prozent gestiegen, in Bremerhaven von 58 auf ganze 67 Prozent.“

„Wenn Renten bei so vielen Menschen nicht mehr zum Leben oder für Pflege reichen, dann haben wir hier ein grundsätzliches Gerechtigkeitsproblem“, so Leonidakis. „Der Senat weist deshalb zu Recht darauf hin, dass es höhere Mindestlöhne braucht, die auch im Alter armutsfest sind. Als Linke fordern wir einen Mindestlohn von 15 Euro, eine solidarische Renten- und Pflegeversicherung, in die auch Beamt*innen, Selbständige und Politiker*innen einzahlen, eine Anhebung des Rentenniveaus und die Streichung des Eigenanteils bei der Pflege. Nur so lässt sich der bisherige Trend durchbrechen, dass immer mehr Rentner*innen zum Amt gehen müssen. Wie sozial eine Gesellschaft ist, misst sich auch daran, wie sie mit ihren Älteren umgeht. Ein Altern in Würde, ohne Abhängigkeit vom Ehemann oder Sozialamt, sollte in einem Sozialstaat eine Selbstverständlichkeit sein. Stattdessen wird es immer mehr zum Ausnahmefall. Wenn Merz Kanzler werden sollte, ist noch mehr Sozialabbau bei Renten und Pflege vorprogrammiert. Als Linke und rot-grün-rote Koalition setzen wir uns mit aller Entschiedenheit für solidarische Renten und Pflege ein und werden das weiter tun!“, so Leonidakis abschließend.