Rassismus entschieden entgegentreten – Landesaktionsplan gegen Rassismus erstellen

Wir leben in einer vielfältigen Gesellschaft. Diese Vielfalt stellt zweifellos eine große Bereicherung dar, die jedoch gleichzeitig mit der Herausforderung einhergeht, eine gerechte und diskriminierungsfreie Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen und politischen Leben für alle Menschen gleichermaßen zu gewährleisten.

Mit Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung muss von einer Zunahme rassistischer Taten und Gesinnungen in jeglichen Bereichen des Zusammenlebens gesprochen werden. Aktuelle Vorfälle reichen von rassistischer Diskriminierung, z. B. in den Bereichen der Arbeits- und Wohnungssuche, bis hin zu Gewaltakten auf Basis von Herkunft, Hautfarbe und Religionszugehörigkeit. Der Terroranschlag in Hanau auf Menschen mit Migrationsgeschichte zeigt, wie existenziell der bedingungslose und frühzeitige Schutz vor Rassismus ist. Denn Rassismus benachteiligt nicht nur diejenigen, die ihn erleben, sondern er spaltet unsere Gesellschaft.

Rassismus zeigt sich nicht erst durch Gewalt und Terror, sondern beginnt mit dem Ausschluss und der Abwertung von Menschen, die vermeintlich „anders“ oder „fremd“ sind. Einschüchterungs- und Verdrängungsversuche müssen von Beginn an unterbunden werden. Raum für Rassismus und menschenverachtendes Verhalten darf es weder in Bremen oder Bremerhaven noch andernorts geben. Wer andere herabwürdigt oder ausschließt, muss zur Verantwortung gezogen werden. Hier braucht es ein Paket an Maßnahmen, von Aufklärung bis Strafverfolgung, um gezielt gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, rassistische Diskriminierung, Hetze und Hass anzugehen.

Darum ist es wichtiger denn je, Rassismus auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen entschieden entgegenzuwirken. Ein elementarer Schritt dafür ist die Erstellung eines Landesaktionsplans gegen Rassismus. Dieser soll die zukünftigen Leitlinien des Landes Bremen zur effektiven Bekämpfung von Vorurteilsstrukturen, Ausgrenzung und Gewalttaten bündeln, darlegen und weiterentwickeln. Eine verstärkte Aufklärung im schulischen und außerschulischen Bereich, die Begegnung und Austausch für Bremerinnen und Bremer unabhängig vom Alter schafft, ist dabei ein bedeutendes Präventionsinstrument.

Der Landesaktionsplan soll die teilweise schon weitgehenden bestehenden Strukturen aufgreifen und ressortübergreifend bündeln und weiterentwickeln. Dabei ist eine breite Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Akteure, des Bremer Rats für Integration, der migrantischen Selbstorganisationen, den Religionsgemeinschaften, der Wissenschaft und der Wirtschaft erforderlich. Ziel des Landesaktionsplans wird es sein, Rassismus keinen Raum zu bieten und die Förderung der inklusiven Gesellschaft, in der alle Menschen in Bremen und Bremerhaven gleichberechtigt und friedlich leben können, festzuschreiben.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge daher beschließen:

1. Die Bürgerschaft (Landtag) bekennt sich zu einer pluralistischen Gesellschaft, in der die Menschenrechte geachtet werden, und verurteilt jegliche Art von Rassismus.
2. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, einen umsetzungs- und maßnahmenorientierten Landesaktionsplan gegen Rassismus zu erstellen, der bestehende Konzepte antirassistischer Arbeit aller Senatsressorts aufgreift, weiterentwickelt und professionalisiert. Dabei soll insbesondere folgende Schwerpunktsetzung erfolgen:
a. Sensibilisierung der Gesellschaft für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Abwertungsmechanismen sowie die Förderung von transkultureller Kompetenz und gesellschaftlichem Dialog; dabei soll die Verortung der eigenen Positionierung in gesellschaftlichen Prozessen durch Privilegien bewusst gemacht werden,
b. Sensibilisierung der bremischen Behörden für strukturelle Benachteiligung und Diskriminierung sowie Professionalisierung durch Fortbildungen zu diskriminierungsfreiem Verhalten und Diversity Management,
c. Stärkung der antirassistischen Bildungsarbeit sowohl in Kindertageseinrichtungen, Schulen als auch in außerschulischen Lernorten sowie der Ausbau des Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“,
d. Umsetzung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) im Land Bremen, einschließlich innerbetrieblicher Beschwerdestellen und des Abbaus möglicher Schutz- und Beratungslücken,
e. Darlegung, wie die Schaffung von Antirassismus-Beauftragten in Ressorts und Ämtern als Maßnahme zur Verhütung von etwaigem institutionellem Rassismus ermöglicht werden kann, die intern und extern ansprechbar und z.B. Bestandteil der innerbetrieblichen Beschwerdestellen sind,
f. Schutzmaßnahmen für körperliche und psychische Unversehrtheit, u.a. auch bei rassistischer Hetze im Netz, z.B. in Form von Beratung oder verbesserter Strafverfolgung,
g. Schaffung einer regelmäßig aktualisierten und landesspezifischen wissenschaftlichen Grundlage für den Ausbau und die Anpassung von Präventionsmaßnahmen in Bremen und Bremerhaven.
Bei der Erstellung des Landesaktionsplans gegen Rassismus sollen die gesellschaftlich relevanten Felder und deren Institutionen betrachtet sowie Migrant*innenverbände und Religionsgemeinschaften im Land Bremen wie auch der Bremer Rat für Integration gehört und eingebunden werden. Eine wiederkehrende Veranstaltungsreihe soll als Diskussions- und Kommunikationsplattform des Landesaktionsplans dienen.
3. Der Landesaktionsplan gegen Rassismus ist der Bürgerschaft (Landtag) bis März 2021 vorzulegen.
Sahhanim Görgü-Philipp, Dr. Henrike Müller, Sülmez Dogan, Christopher Hupe, Dr. Solveig Eschen, Kai Wargalla, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Kevin Lenkeit, Elombo Bolayela, Janina Brünjes, Eva Quante-Brandt, Jasmina Heritani, Petra Krümpfer, Birgitt Pfeiffer, Ali Seyrek, Valentina Tuchel, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Sofia Leonidakis, Cindi Tuncel, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE