Medienkompetenz von der Kita bis ins hohe Alter stärken

Der Zugang zu Informationen ist durch die umfassende Digitalisierung nahezu aller Lebensbereiche so einfach wie nie zuvor. Mobile Endgeräte bieten zumindest theoretisch die Möglichkeit, sich zu jedweder Zeit mit Personen weltweit zu vernetzen und auszutauschen. Damit einhergehend sind jedoch auch die Ansprüche an die Medienkompetenz der Nutzerinnen/Nutzer deutlich gestiegen.

So vermitteln beispielsweise soziale Netzwerke Inhalte in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit und nehmen Empfängerinnen/Empfängern in die Verantwortung, häufig auch ungefilterte Informationen aus unsicheren Quellen kritisch zu hinterfragen und zu interpretieren. Die Stärkung von Medienkompetenz hat deswegen in den letzten Jahren besonders an Relevanz gewonnen. Die Notwendigkeit hierfür zeigt sich erneut im Kontext der Corona-Pandemie und sich gleichsam viral verbreitender Falschinformationen auf Plattformen und in privaten Chatgruppen. Nur wenn Phänomene wie Social Bots, Fake News, Trolle, Click Bait, Spam oder auch die Dynamiken hinter Hate-Speech und Shitstorms von allen Nutzerinnen/Nutzern verstanden werden, ist eine kri-tische Öffentlichkeit in einer digitalisierten Medienlandschaft in der Lage, Informationen korrekt einzuordnen. Um Medien darüber hinaus gewinnbringend nutzen zu können, selbst Inhalte produzieren zu können oder Alltägliches wie Behördengänge sicher und schnell online zu erledigen, bedarf es Kompetenzen, die über eine passive kritische Rezeption hinausgehen.

Die Medienkompetenzstärkung muss daher schon früh ansetzen. Auch wenn junge Menschen selbstverständlich digitale Medien nutzen, bedeutet dies nicht, dass die oben beschriebenen Kompetenzen gegeben sind. Angefangen im vorschulischen Bereich, über die Schulen, den außerschulischen Bereich, die Erwachsenenbildung bis hin zu Seniorinnen/Senioren gibt es einen großen Bedarf. Dabei gilt es auch immer die Rechte auf Teilhabe von Menschen im hohen Alter, oder solchen mit Krankheiten, Einschränkungen oder Behinderungen zu berücksichtigen. Digitalisierte Inhalte bieten große Chancen für eine bessere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und barrierefreien Zugang zu Medien, beispielsweise im Falle von Beeinträchtigungen der Sinneswahrnehmung. Alle Produzentinnen/Produzenten von Medieninhalten, Plattformen, Intermediäre sind hier gefragt.

Im Land Bremen koordiniert die Bremische Landesmedienanstalt landesweite Initiativen, um die Medienkompetenzen im Land Bremen zu stärken. Verschiedenste Einrichtungen, wie etwa das von der Landesmedienanstalt koordinierte Medienkompetenz-Netzwerk Bremen, das Landesinstitut für Schule oder das Servicebureau Jugendinformation bieten unter anderem Workshops, Fortbildungen und Fachtagungen an. Viele dieser Angebote richten sich bisher an junge Menschen, sie begleiten oder ergänzen die Inhalte und Vermittlung in den Kindertagesstätten und Schulen. Um zu gewährleisten, dass künftig verstärkt alle Alters- und Bevölkerungsgruppen in den Blick genommen werden, wird eine Ausweitung der Kooperationen notwendig sein. Zu denken wäre beispielsweise an eine stärkere Einbeziehung der anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenweiterbildung im Land Bremen. Auch gilt es, die Betreuungspersonen von Menschen mit Beeinträchtigungen stärker einzubeziehen, denn hierin liegt eine weitere Chance dieser Gruppe zur Verwirklichung ihres Rechts auf Teilhabe. Wie in der Koalitionsvereinbarung der Bremer Regierungsparteien vorgesehen, verlangt eine Stärkung der Medienkompetenz eine Vernetzung der einzelnen Ressorts untereinander sowie eine enge und vertrauensvolle Kommunikation mit den Trägern von Medienkompetenzangeboten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist für das Land Bremen eine Gesamtstrategie zu erarbeiten. Das Vorhaben befindet sich derzeit bereits in der Planungsphase.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

1. gemeinsam mit der Bremischen Landesmedienanstalt die Vernetzung der Akteure aus Verwaltung und Gesellschaft voranzutreiben und das von der Landesmedienanstalt koordinierte Medienkompetenznetzwerk in seiner Arbeit inhaltlich zu unterstützen;
2. die Vernetzung und die Schaffung von verbindlichen Ansprechpartnerinnen/Ansprechpartner für Medienkompetenz in der bremischen Verwaltung sicherzustellen;
3. sicherzustellen, dass bei der gemeinschaftlichen ressort- und akteursübergreifenden Erarbeitung einer Gesamtstrategie zur Medienkompetenz die Besonderheiten der jeweiligen Altersstufe sowie die unterschiedlichen Bedarfe der verschiedenen Nutzergruppen einbezogen werden; der Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen (Jugendmedienschutz) sowie der Teilhabe von älteren, kranken oder behinderten Personen ist dabei besonders Rechnung zu tragen;
4. dazu beizutragen, dass das Konzept Anforderungen und Herausforderun-gen je Zielgruppe beziehungsweise inhaltliche Zielorientierung benennt, und bestehende Aktivitäten zu clustern und zu evaluieren, um Zielgruppen passgenau erreichen zu können und Redundanzen zu vermeiden; das Konzept soll dabei auch auf sich ständig ändernde Mediennutzungstrends Rücksicht nehmen;
5. im Rahmen dieser Evaluation insbesondere zu erfassen, wie die Anbieter solcher Aktivitäten mit aktueller Digital- und Medientechnik ausgestattet sind und welche zukünftigen Ausstattungsbedarfe bestehen; hierbei sind insbesondere die Volkshochschulen im Land Bremen sowie die anerkann-ten Träger der Weiterbildung, Begegnungsstätten und Bürgerhäuser in den Blick zu nehmen;
6. im Gesamtkonzept die Verankerung folgender Inhalte als Vermittlungsfelder im Bereich Medienkompetenz sicherzustellen: Identifizierung von falschen Darstellungen (Fake News), Schutz persönlicher Daten und aktive Wahrnehmung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung, kritische Auseinandersetzung mit integrierter Werbung und Influencing, Kenntnisse zur kreativen und aktiven Verwendung digitaler Medien, Aufklärung und Prävention zu Mediensucht;
7. auch unter Analyse von Aktivitäten in anderen Bundesländern zu prüfen, ob neben den bereits bestehenden Aktivitäten neue Angebote für die jeweilige Zielgruppe sinnvoll sein könnten;
8. sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die in der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ beschriebenen Ansatzpunkte für eine Unterstützung der Weiterbildungseinrichtungen insbesondere in Bezug auf Infrastruktur und Qualifizierung in Form von Bundesprogrammen umgesetzt werden;
9. die entsprechende Gesamtstrategie der Bürgerschaft Anfang des Jahres 2021 vorzulegen.

Mustafa Öztürk, Björn Fecker und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Martin Günthner, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Miriam Strunge, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE