Kommunale Gestaltungsspielräume im Umgang mit privaten Silvester-Feuerwerken erweitern

Wenngleich sich nach wie vor viele Menschen an bunten Feuerwerken in der Neujahrsnacht erfreuen, wächst die Kritik an privaten Feuerwerken. Bei einer Umfrage des Meinungsfor-schungsinstituts YouGov für das RedaktionsNetzwerk Deutschland vom Dezember 2019 hat sich die überwiegende Mehrheit der Befragten für ein „Böllerverbot“ ausgesprochen, obwohl gleichzeitig auch 84 Prozent Feuerwerke als schön und 49 Prozent Feuerwerke als „gesellig“ beschrieben. Als besonders problematisch werden die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit durch Lärm- und Schadstoffemissionen, anfallenden Müll und unsachgemäße und gefährliche Handhabung mit den Feuerwerkskörpern bewertet.

Dass diese Kritik berechtigt ist, zeigen die Daten. Wenngleich laut einer unabhängigen Untersuchung, die vom Verband der pyrotechnischen Industrie in Auftrag gegeben wurde, die Feinstaubbelastung mit 1.477 Tonnen deutlich geringer ist als vom Umweltbundesamt ange-nommen, sind die Belastungen für die Umwelt groß. Durch die von Feuerwerkskörpern hervorgerufenen Lärmemissionen kann es zu bleibenden Schädigungen des Innenohrs kommen. Haus- und Wildtiere werden insbesondere durch die Lärm- und Lichtreize stark gestört.

Auch die wiederkehrenden Verstöße durch ein- oder gegenseitiges Beschießen mit Feuer-werkskörpern, das Nichteinhalten von Sicherheitsabständen und das nichtsachgemäße Abfeuern von Feuerwerks- und Knallkörpern bekräftigen die genannten Kritikpunkte Immer wieder kommt es zu Gefährdungen direkt beteiligter und unbeteiligter Personen sowie von Einsatzkräften der Polizei, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes. Zum Jahreswechsel 2019/2020 kam es zudem allein in der Stadtgemeinde Bremen zu 18 Einsätzen, die mit Feuern im Zusammenhang mit Feuerwerkskörpern standen und mit 166 Rettungsdiensteinsätzen zu einer Verdopplung des Jahresdurchschnittswertes (vergleiche Mitteilung des Senats zur Großen Anfrage der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, Drucksa-che 20/518). Hinzu kommt die Müllproblematik. Im Stadtgebiet Bremen fallen für die Sonderreinigung an Silvester jährlich rund 32.000 Euro an, die Reparaturkosten für ausgebrannte Papierkörbe oder Recyclingcontainer kommen mit 16.000 Euro noch obendrauf. In Bremerhaven kosteten die sogenannten „Neujahrsreinigung“ und die „Silvester-Nachreinigung“ zusammen 60.000 Euro.

Die pyrotechnische Industrie ist zwar bemüht, die Umweltbelastungen durch Feuerwerke beispielsweise durch Papp-Verpackungen zu reduzieren. Diese Bemühungen reichen jedoch nicht aus. Durch öffentliche Mehrheiten getragen, diskutieren Bürger*innen, Politik und Verwaltung insbesondere größerer deutscher Städte auf kommunaler Ebene den individuellen Umgang mit privaten Feuerwerken, die Ausweisung von lokalen Verbotszonen, aber auch Alternativen wie öffentliche Feuerwerke oder Lasershows. Dabei sind individuelle Konzepte ge-fragt, um die Belastungen vor Ort zu reduzieren und den Menschen in der Silvesternacht insbesondere in dicht besiedelten Stadtteilen umfassende Sicherheit zu gewährleisten. Gleich-zeitig ist es den Bürger*innen wichtig gemeinsam Silvester zu feiern, dass Silvesterfeuerwerk spielt dabei nach wie vor eine große Rolle. In der YouGov-Umfrage vom Dezember 2018 sag-ten 60 Prozent der Befragten, dass sie sich gegen private Feuerwerke, aber für offizielle Feuerwerke aussprechen würden. Grundsätzlich ist das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen an Silvester auf Bundesebene im Sprengstoffrecht und der 1. Sprengstoffverordnung (SprengV) geregelt. Die Sys-tematik des Sprengstoffrechts sieht vor, dass das grundsätzlich bestehende Verbot des Abbrennens von Feuerwerken ausnahmsweise am 31. Dezember und am 1. Januar bundes-weit nicht gilt. Die rechtlichen Möglichkeiten, das Abfeuern lokal und durch kommunale Hand einzuschränken, sind dabei nicht ausreichend.

Um Städten wie Bremen und Bremerhaven weitere rechtliche Gestaltungsspielräume zur Einschränkung und Reduzierung privater Feuerwerke zu eröffnen, soll das Sprengstoffrecht zu-gunsten eines Ermessensspielraums der Kommunen geändert werden. Dazu soll im Sprengstoffrecht die angelegte Grundregel der Zulässigkeit von privatem Feuerwerk beibehalten und gleichzeitig den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt werden, privates Feuerwerk im öffentlichen Raum räumlich zu beschränken, zu verbieten oder Flächen für das Zünden von Feuerwerk auszuweisen. Verstöße gegen entsprechende Rechtsakte könnten dann bußgeldbewährt sein.

Zudem gilt es, Alternativen für die Menschen zu schaffen, damit möglichst viele freiwillig auf private Feuerwerke verzichten, ohne die soziale Komponente, die Feuerwerke an Silvester für viele Menschen haben, missen zu müssen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
1. die Durchführung und Finanzierung kostenloser, dezentraler attraktiver Licht- und Feuerwerkshows zu prüfen;
2. im Falle eines positiven Ergebnisses der Prüfung unter Beteiligung der Beiräte und des Magistrats Bremerhaven in Zusammenarbeit mit den beteiligten Ressorts ein Konzept für kostenlose dezentrale, öffentliche sowie private, Feuerwerke für das Silvester 2021 zu erstellen;
3. zu prüfen, ob und wie entsprechend der aktuellen bzw. der sich gegebenenfalls geänderten Bundesgesetzeslage eine Ausweitung von „Feuerwerksverbotszonen“ in Bremen erfolgen sollte;
4. den zuständigen Deputationen spätestens im Herbst 2021 zu berichten.

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen,
1. den Kommunen im Rahmen des Sprengstoffrechts zu ermöglichen, das private Abbrennen von Feuerwerk nach eigenem Ermessen zu beschränken;
2. eine Ermächtigungsgrundlage für Kommunen zur Einschränkung des Abbrennens erlaubnisfreien Feuerwerks für Kommunen im Rahmen der 1. SprengV zu schaffen.

Ingo Tebje, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Arno Gottschalk, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Ralph Saxe, Sülmez Dogan, Dorothea Fensak, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN