Gesetzgebungsverfahren übersichtlicher gestalten – Gesetzentwürfe um tabellarische Übersichten der Änderungen ergänzen

Gesetzgebungsverfahren müssen möglichst klar und nachvollziehbar gestaltet sein, damit sie in der Öffentlichkeit fundiert diskutiert werden können. Die meisten Gesetzentwürfe schaffen dabei keine neuen Stammgesetze, sondern ändern bereits bestehende Gesetze. In diesen Fällen enthalten Gesetzentwürfe regelmäßig umfangreiche Änderungen, teilweise an mehreren Gesetzen gleichzeitig. Über rechtsförmliche Änderungsbefehle werden diese Gesetze von der Bürgerschaft beschlossen und dann durch den Senat im Gesetzblatt verkündet, um in Kraft zu treten. Nach Verkündung des Änderungsgesetzes wird das jeweilige Gesetz entsprechend der beschlossenen Änderung grundsätzlich unverzüglich im Transparenzportal aktualisiert. Gerade in laufenden Gesetzgebungsverfahren müssen interessierte Leser*innen jedoch das Änderungsgesetz oft umständlich mit der bisherigen Fassung der jeweils geänderten Gesetze vergleichen, um Art und Inhalt der neuen Gesetzesvorschrift nachvollziehen zu können. Je nach Umfang der Änderungen kann das mit erheblichem (Such-)Aufwand verbunden sein.

Für die interessierte Öffentlichkeit, Betroffene oder Anwender*innen von Gesetzen ist es deshalb insbesondere bei umfangreichen Gesetzesänderungen wichtig, dass neben den reinen Änderungsbefehlen auch eine tabellarische Gegenüberstellung (Synopse) der alten mit der geplanten neuen Fassung vorliegt. So kann niedrigschwelliger nachvollzogen werden, welche konkreten Bestandteile bestehender Gesetze wie geändert werden sollen bzw. geändert worden sind. Auch die Bereitstellung der „Lesefassung“ des Gesetzestextes in der Form, in die er geändert werden soll, ist bereits während des Gesetzgebungsverfahrens sinnvoll.

Bei vielen größeren Gesetzesänderungen legt der Senat entsprechende Übersichten bereits bei, in anderen Fällen geschieht dies noch nicht durchgängig, obwohl solche Synopsen im Zuge der Erstellung der Gesetzentwürfe behördenintern in der Regel vorliegen. Ein wesentlicher behördlicher Mehraufwand entsteht durch eine Veröffentlichung dieser Synopsen aus Sicht der Antragstellenden deshalb nicht. Auch die „Lesefassung“ wird spätestens zur Veröffentlichung nach Verkündung ohnehin erstellt. Weil die Bremische Bürgerschaft Drucksachen wie Gesetzentwürfe seit Längerem in digitaler Form und nicht mehr auf Papier an die Abgeordneten austeilt, ist auch kein ökologischer Nachteil zu befürchten.

Auch bei Gesetzentwürfen, die aus der Mitte der Bürgerschaft eingebracht werden, besteht in gleicher Weise ein Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Daher soll die Geschäftsordnung um eine Soll-Vorschrift ergänzt werden, wie sie aus der folgenden Synopse hervorgeht:

Änderung der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft
Geltender Wortlaut
Beabsichtigter künftiger Wortlaut
§ 19 Anforderungen an den Inhalt der Vorlagen
unverändert
(1) Vorlagen sollen knapp und sachlich gefasst sein. Die Wortwahl hat der parlamentarischen Ordnung der Bürgerschaft Rechnung zu tragen. Gegen die parlamentarische Ordnung verstoßen Vorlagen insbesondere, wenn sie gegen die Menschenwürde verstoßen, entstellende, diskriminierende, rassistische oder beleidigende Meinungsäußerungen enthalten, zu Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auffordern, Maßnahmen verlangt werden, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen oder sich einer der Würde des Parlaments nicht angemessenen Sprache bedienen.
unverändert
(2) Anträge, insbesondere solche, die einen Gesetzesentwurf zum Gegenstand haben, sollen mit einer kurzen Begründung verbunden werden.
unverändert
(3) Einem Gesetzentwurf, der Änderungen eines geltenden Gesetzes in einem erheblichen Umfang vorsieht, soll eine Lesefassung mit der Gegenüberstellung des geltenden und des beabsichtigten künftigen Wortlauts der Normen beigefügt werden.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Beschlussempfehlung:
1. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
a) bei den Entwürfen zur Änderung von Gesetzen, die Änderungen in einem nicht unerheblichen Umfang vornehmen, der Mitteilung des Senats eine Lesefassung der beabsichtigten Neuregelung sowie eine tabellarische Gegenüberstellung des bisherigen und des neuen Gesetzestextes (Synopse) beizulegen, sofern hierfür verwaltungsseitig entsprechende Synopsen vorliegen. Ausgenommen sind Staatsverträge und Haushaltsgesetze;
b) sich im Bundesrat für eine entsprechende Regelung auf Bundesebene einzusetzen.
2. Dem § 19 der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft in der Fassung des Übernahmebeschlusses vom 3. Juli 2019, die zuletzt Beschluss der Bürgerschaft vom 17. Dezember 2020 geändert worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:
„(3) Einem Gesetzentwurf, der Änderungen eines geltenden Gesetzes in erheblichem Umfang vorsieht, soll eine Lesefassung mit der Gegenüberstellung des geltenden und des beabsichtigten künftigen Wortlauts der Normen beigefügt werden.“

Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE
Sascha Karolin Aulepp, Mustafa Güngör und die Fraktion der SPD
Sülmez Dogan, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Oguzhan Yazici, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU
Lencke Wischhusen, Dr. Magnus Buhlert und Fraktion der FDP