Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern bekämpfen: Senatsstrategie entwickeln, Entgelttransparenz schärfen!

Frauen verdienen in Deutschland für gleiche oder gleichwertige Arbeit im Durchschnitt 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen; in Bremen sind es laut der Arbeitnehmerkammer 22 Prozent, womit das Bundesland leicht über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt.

Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Branchen. In den zu 44 Prozent von Frauen besetzten systemrelevanten Berufen wie beispielsweise im Einzelhandel und in der Pflege und Erziehung, die bedeutend für unsere Gesellschaft sind, ist der Lohnabstand besonders groß. Die Gründe für die Lohnunterschiede können, neben der vermehrten Tätigkeit in Branchen mit schlechter Bezahlung, sehr vielfältig sein: So verwenden Frauen im Vergleich zu Männern 1,5 Mal so viel Zeit auf Care-Arbeit. Mangelnde Tarifbindung und ein vergleichsweise geringes Lohnniveau in vielen Branchen, in denen vor allem Frauen tätig sind, tragen genauso zum Gender Pay Gap bei wie die Unterschiede im Erwerbsumfang zwischen Männern und Frauen. Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit, nicht zuletzt, um unbezahlte Fürsorgetätigkeiten zu leisten.

Sind Qualifikation, Tätigkeit und Biographie vergleichbar, liegt der (bereinigte) Gender Pay Gap noch immer bei rund sechs Prozent. Um dieser Lohnlücke entgegenzuwirken, wurde auf Bundesebene im Jahr 2017 das Entgelttransparenzgesetz beschlossen, mit dem Arbeitnehmer*innen einen gesetzlichen Anspruch auf Einsicht in die Bezahlung von Kolleg*innen und maßgebliche Kriterien dieser Bezahlung erlangen. Im Falle einer hierdurch festgestellten Benachteiligung ist es den Arbeitnehmer*innen möglich, eine Gleichstellung in der Entlohnung einzuklagen. Dieses muss jedoch als Individualklage erfolgen, wodurch sich die Gefahr einer Benachteiligung der Arbeitnehmer*innen durch den beklagten Arbeitgeber*in ergeben könnte. Ein Verbandsklagerecht würde dieser Problematik Abhilfe verschaffen. Zudem ist die Beschränkung bei der Auskunftspflicht auf Unternehmen ab 200 Beschäftigten in Frage zu stellen, denn lediglich 0,7 Prozent der Betriebe und 32 Prozent der Beschäftigten werden damit erreicht. Zudem wurde nur in 14 Prozent der Unternehmen vom Auskunftsrecht Gebrauch gemacht. Auch laut Betriebsrätebefragung des WSI haben sich nur jeweils 13 Prozent (mit mehr als 200 Beschäftigten) sowie 23 Prozent (mit mehr als 500 Beschäftigten) der Beschäftigten an ihre Interessenvertretung gewandt. In Bremen waren es lediglich zwölf Prozent. In Bremen haben lediglich 11 Prozent der Unternehmen das Gesetz durch Betriebsvereinbarungen oder sonstige Richtlinien überhaupt umgesetzt.

Die Regierungskoalition setzt sich deswegen für eine Weiterentwicklung des Gesetzes auf Bundesebene mit dem Ziel eines Entgeltgleichheitsgesetzes ein. Ergänzend sollen zur Bekämpfung des Gender Pay Gaps landesrechtliche Regelungen geschaffen werden. Das Aufsetzen einer Senatsstrategie zur Entgeltgleichheit ist hierfür unerlässlich.

Dabei ist zu beachten, dass die Weichen für eine gerechte Bezahlung nicht erst im Betrieb, sondern bereits in vorherigen Lebensphasen gestellt werden. Zu berücksichtigen sind somit alle Branchen, vom öffentlichen Dienst, über den Hochschul- und Wissenschaftsbereich bis zu der Beschäftigung im privaten Sektor, aber auch Berufs- und Studienberatung, Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote insbesondere auch für junge Mütter sowie Unterstützungsangebote für Alleinerziehende.

Zudem wäre es an der Zeit, der Benachteiligung von queeren Menschen im Erwerbsleben verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken. Mithilfe eines Konzeptes, welches gemeinsam mit den entsprechenden Trägern und Initiativen entwickelt wird, könnten notwendige Wege und Maßnahmen gegen Diskriminierung entwickelt werden.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

  1. eine Senatsstrategie Entgeltgleichheit zu entwickeln und ressortübergreifend zu verankern; dabei ist sicherzustellen, dass
    a. alle relevanten Akteur*innen aus Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft eingebunden werden;
    b. alle Beschäftigungsfelder im öffentlichen und privaten Sektor und insbesondere auch Betriebe, in denen bisher ausschließlich oder zu einem großen Anteil Männer beschäftigt sind, erreicht werden;
    c. sämtliche Lebensphasen und Handlungsfelder berücksichtigt werden, um der Entgeltungleichheit strukturell entgegen zu wirken;
  2. die Senatsstrategie Entgeltgleichheit, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vom Senat in Auftrag gegebenen Studie zum Gender Pay Gap an Bremischen Hochschulen, binnen eines Jahres der Bürgerschaft vorzulegen;
  3. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, das 2017 beschlossene Entgelttransparenzgesetz dahingehend auszuweiten, dass private und öffentliche Unternehmen ab einer Größe von 50 Beschäftigten zur Auskunfts- und Berichtspflicht verpflichtet werden sowie das regelmäßig eine verbindliche betriebliche Prüfung der Entgeltgleichheit durchgeführt wird (Entgeltaudits);
  4. sich auf Bundesebene für ein Verbandsklagerecht für Betriebsräte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder einen durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) anerkannten Verband einzusetzen;
  5. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Auskunftsanspruch in den Mindestanforderungen des Arbeitgebers nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) ergänzt wird. Sowie darauf, dass sich mögliche Verschwiegenheitsklauseln nicht auf Gehaltsauskünfte beziehen;
  6. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass betriebliche Prüfverfahren verbindlich werden und eine wirksame und abschreckende Sanktionierung für Unternehmen, die gegen das Entgelttransparenzgesetz verstoßen, eingeführt wird;
  7. sich dafür einzusetzen, dass in Absprache mit geeigneten Trägern und Initiativen ein Konzept erstellt wird, das Maßnahmen zur Benachteiligung queerer Menschen im Erwerbsleben wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität aufführt und Handlungsempfehlungen gibt, welche Gegenmaßnahmen entwickelt werden könnten.

Maja Tegeler, Ingo Tebje, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Gönül Bredehorst, Antje Grotheer, Jasmina Heritani, Janina Brünjes, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dr. Henrike Müller, Kai Wargalla, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN