Energie- und Wassersperren minimieren, Härtefallfonds realisieren: Konzept für die Ausgestaltung des Härtefallfonds „Energie- und Wassersperren“ entwickeln

Kommen Privatpersonen oder Gewerbetreibende nicht der Zahlung ihrer Strom-, Wasser- und Gasrechnungen nach, erfolgt nach entsprechenden Mahnungen eine Energie- und Wassersperre durch den Energie- und Wasserversorger. Für private Haushalte führt das zu einer starken Einschränkung ihrer Lebensbedingungen und kann in bestimmten Fällen zu einer Unbewohnbarkeit der Wohnung führen. Insbesondere für Familien mit kleinen Kindern, psychisch oder physisch kranken, älteren oder pflegebedürftigen Haushaltsmitgliedern ist diese Situation schwer zu bewältigen. Ganz allgemein drohen durch die Energie- und Wassersperren noch anderweitige Gefahren z.B. der Sicherheit der Wohnung, gesundheitliche Beeinträchtigungen, weitere Verschuldung etc. Aus diesen Gründen wurde vor fünf Jahren der „Runde Tisch Energie- und Wassersperren im Land Bremen vermeiden“ ins Leben gerufen. Sein Ziel: Durch intensiven Austausch aller Beteiligten Prozesse zu entwickeln, die zur Vermeidung von Energiesperren führen und von Sperrandrohungen betroffene Bürger*innen in Bremen und Bremerhaven schnell und unkompliziert unterstützen. Das ist mit Erfolg in den letzten Jahren geschehen: Von 7215 Energie- und Wassersperren im Jahr 2014 sank die Zahl der Sperren auf 4227 im Jahr 2019. Doch auch diese Zahl kann nicht zufrieden stellen und muss weiter minimiert werden.

Deshalb wird der Runde Tisch „Energie- und Wassersperren im Land Bremen vermeiden“ zukünftig von einem Härtefallfonds „Energie und Wassersperren“ flankiert. Der Haushaltsgesetzgeber hat hierfür bereits Mittel bereitgestellt. Die Ausgestaltung und Operationalisierung des Härtefallfonds stehen allerdings noch aus.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

1. Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, ein Konzept zur Ausgestaltung des Härtefallfonds Energie- und Wassersperren und des Zugangs zum Härtefallfonds zu entwickeln, welches
a) die Zielsetzung verfolgt, Strom-, Gas- und Wassersperren weiter zu reduzieren und hierfür geeignete Kriterien für Härtefälle zu definieren,
b) den Personenkreis definiert, der antragsberechtigt sein kann,
c) Überlegungen ausarbeitet, in welcher Weise drohende Sperrandrohungen vorrangig eine Prüfung von Sozialleistungsträgern (Jobcenter, AfSD) auf Zahlungsübernahme oder Darlehensvergabe bewirken,
d) sicherstellt, dass für den Fall, dass eine Kostenübernahmen oder ein Darlehen seitens des Jobcenters oder Amts für Soziale Dienste nicht möglich oder nicht zielführend sind, diese einen direkten Antrag an den Härtefallfonds weiterleiten, hierfür muss geprüft werden, welche datenschutzrechtlichen Hürden beseitigt werden müssen,
e) die Verzahnung zwischen „Rundem Tisch Energie-und Wassersperren im Land Bremen vermeiden“, Jobcenter und Amt für Soziale Dienste sowie Sozialberatungsstellen in der Beantragung von Zahlungsübernahmen aus dem Härtefallfonds darlegt,
f) den Prozess der Antragstellung an den Härtefallfonds unter Berücksichtigung der Erfahrungen in anderen Städten wie Hannover prüft mit dem Ziel, Hürden in der Zugänglichkeit zum Härtefallfonds möglichst niedrig zu halten; vor diesem Hintergrund ist zu klären, wie der Ausschluss von Personenkreisen vermieden werden kann, die keine Möglichkeit haben, z.B. Darlehen im Rahmen von Sozialleistungen zu erhalten,
g) festlegt, welche Maßnahmen auf eine Antragstellung an den Härtefallfonds folgen, etwa die befristete Aussetzung von Sperrandrohungen,
h) sicherstellt, dass der Personenkreis, der Leistungen aus dem Härtefallfonds erhält, verpflichtend eine Energiesparberatung erhält,
i) ausschließt, dass privater Vermieter*innen, die durch Nicht-Weiterleitung von Energiekosten ihrer Mieter*innen in Energiesperren treiben, Zugang zum Härtefallfonds bekommen,
j) den Bedarf von mehrsprachigen Informationsangeboten, Anschreiben, Anträgen und Beratungen berücksichtigt,
k) die Finanzierungsmodalitäten des Härtefallfonds auch unter der Beteiligung von Energie- und Wasserversorgern und dem Land Bremen klärt,
l) die personellen Ressourcen für die Bearbeitung von Härtefallanträgen und die notwendige institutionelle Kommunikation zwischen den Akteur*innen im Härtefallfonds darstellt sowie die Rechtsform und Organisation des Härtefallfonds klärt.

2. Das Konzept soll der staatlichen Deputation für Soziales, Jugend und Integration binnen vier Monaten zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden.

Sofia Leonidakis, Cindi Tuncel, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Birgitt Pfeiffer, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Sahhanim Görgü- Philipp, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN