Den Öffentlichen Gesundheitsdienst nachhaltig stärken

Den Beschäftigten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes ist die bisher gute Bewältigung der Corona-Pandemie im Land Bremen maßgeblich zu verdanken. Dies ist keineswegs selbstverständlich, denn Haushaltsnotlage und Fachkräftemangel sind auch an den Gesundheitsämtern in Bremen und Bremerhaven nicht spurlos vorüber gegangen. Bundesweit ist in den Gesundheitsämtern kontinuierlich Personal abgebaut worden. So waren dort Ende 2018 noch rund 2.500 Ärzt*innen beschäftigt – ein Drittel weniger als 20 Jahre zuvor.

Dabei ist die Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes nicht nur in Zeit einer Pandemie unverzichtbar. Ob durch Arzneimittelüberwachung, gesundheitliche Aufklärung, Ernährungsökologie, Erstuntersuchungen von Geflüchteten, Familien-Hebammen, Gesundheitsberichterstattung, Gesundheitskräfte an Schulen, amtsärztliche und pflegefachliche Gutachten, Heilpraktiker*innenprüfungen, Humanitäre Sprechstunde, Hygienekontrollen in Krankenhäusern und Gemeinschaftseinrichtungen, Infektionsschutz, Lebensmittelüberwachung, Prävention, Prostituiertenberatung, Reisemedizinische Beratung, Schuleingangsuntersuchungen, Schulimpfungen, Selbsthilfeförderung, Sozialpsychiatrische Beratung, Suchtkrankenhilfe, Tierseuchenbekämpfung, Trinkwasserüberwachung, gesundheitlichen Verbraucherschutz oder zahnärztliche Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen: Der Öffentliche Gesundheitsdienst mit den Gesundheitsämtern in Bremen und Bremerhaven, dem Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst des Landes Bremen (LMTVeT) und dem Landesuntersuchungsamt schützt die Gesundheit aller Menschen und fördert die Sicherung und Herstellung gesunder Lebensverhältnisse im Land Bremen – gemeinwohlorientiert, multiprofessionell, frei von kommerziellen Interessen und mit besonderem Augenmerk auf Bevölkerungsgruppen, für die kein oder nur ein erschwerter Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung gegeben ist.

Vor diesem Hintergrund sieht der vom Senat vorgelegte Haushaltentwurf für die Jahre 2020 und 2021 beispielsweise für das Gesundheitsamt Bremen eine deutliche Erhöhung der jährlichen Personalausgaben von 6,3 Millionen Euro auf 9,8 Millionen Euro vor. Dies ist wichtig, um dringliche Mehrbedarfe zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, für zusätzliche Präventionsfachkräfte oder zum Ausbau der Drogenhilfe zu befriedigen. Um den Personalbestand der Gesundheitsämter nachhaltig zu verbessern, sind im Zuge der Corona-Pandemie von der Bundesregierung zusätzliche Mittel bereitgestellt worden, die kofinanziert bzw. perspektivisch vom kommunalen Haushalt übernommen werden müssen. Der Bund will darüber hinaus im Rahmen des am 29. September 2020 beschlossenen „Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ vier Milliarden Euro für Personal, Digitalisierung und moderne Strukturen zur Verfügung stellen. Diese auf einen Förderzeitraum von sechs Jahren ausgerichtete Unterstützung muss eingebettet werden in eine nachhaltige Strategie zur Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

  1. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, der Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz innerhalb von sechs Monaten nach Beschlussfassung eine Strategie zur nachhaltigen Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes vorzulegen. Das Strategiekonzept soll insbesondere beinhalten:
  2. eine zeitgemäße und zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, insbesondere auch im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention sowie unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung, der zunehmenden Diversität der Gesellschaft, der besonderen Bedarfe einzelner Quartiere und der Herausforderungen in Bezug auf die Kontrolle und Eindämmung von zukünftigen Epidemien und die Nachverfolgung von Kontaktpersonen von Infizierten,
  3. eine Analyse und Darstellung der personellen und strukturellen Bedarfe, die zur bestmöglichen und verstärkt quartiersbezogenen, auch erweiterten quartiersbezogenen, Aufgabenerfüllung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erforderlich sind, sowie eine dementsprechende Verbesserung der Ausstattung der zuständigen Behörden,
  4. die Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Fachpersonal insbesondere durch attraktivere Entlohnung, weitgehenden Verzicht auf die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen und, verbesserte Arbeitsbedingungen und Weiterqualifikationsmöglichkeiten für die Mitarbeiter*innen,
  5. die Verstärkung der mehrsprachigen, kultursensiblen und zielgruppenorientierten Arbeit in den Quartieren, einschließlich einer auf Diversität ausgerichteten Einstellungspraxis,
  6. die technische Modernisierung und Digitalisierung der Behörden des Öffentlichen Gesundheitsdienstes;
  7. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, die bereitgestellten Bundesmittel zur Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu nutzen, ggf. die Kofinanzierung sicher zu stellen, Standards und Evaluationen einzubeziehen (wie z. B. das Projekt „Mustergesundheitsamt“), und die pandemiebedingte Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes auch im Rahmen des Bremen-Fonds zu berücksichtigen.

Ilona Osterkamp-Weber, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ute Reimers-Bruns, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE