Bienenbestand im Land Bremen statistisch erfassen und schützen

Damit Pflanzen sich vermehren und Früchte ausbilden können, müssen rund 80 Prozent der heimischen Pflanzen von Bienen oder anderen Insekten bestäubt werden. Weil sowohl die als Nutztier gehaltenen und entsprechend kultivierten Honig- als auch insbesondere die bei der Bestäubung effektiveren Wildbienen zu der Verbreitung von einer Vielzahl von Pflanzen beitragen, die für viele Tierarten gleichzeitig eine Nahrungsgrundlage sind, fördern sie wesentlich den Erhalt der Artenvielfalt. Auch für den Menschen hat der Schutz der Wildbienen eine immense Bedeutung, so bestäuben diese etwa ein Drittel der Nutzpflanzen, darunter viele Obst- und Gemüsearten.

Jedoch hat sich der Bienenbestand in den vergangenen Jahren weltweit drastisch reduziert. Laut einer aktuellen freiwilligen Umfrage des „Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel“ (Fachzentrum für Bienen und Imkerei) hat etwa jedes siebte Bienenvolk in Deutschland den Winter 2019/2020 nicht überlebt. Auch im Land Bremen haben viele Bienenvölker den letzten Winter nicht unbeschadet überstanden. Zudem gelten laut Roter Liste der Bienen Deutschlands von ungefähren 550 Wildbienenarten mehr als die Hälfte als gefährdet.

Ursächlich erscheinen mehrere Belastungen, darunter das Auftreten von Krankheiten und Parasiten wie der Befall mit der Varroa-Milbe. Aber auch der verstärkte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln schädigt die Tiere massiv. Insektizide wie Neonicotinoide, mit denen unter anderem Mais-Schädlinge bekämpft werden, greifen das Nervensystem der Tiere an und wirken in hohen Dosen tödlich. Neben der intensiven Landwirtschaft und Monokulturen, wirken sich wegbrechende Lebensräume durch die Bebauung und Versiegelung von Flächen und die Luftverschmutzung negativ auf den Bienenbestand aus. Auch der Klimawandel hat Auswirkungen. Aufgrund der Hitze- und Trockenperioden ist im Sommer 2019 beispielsweise die Lindenblüte ausgefallen, sodass Bienen in städtischen Gebieten nicht mehr genügend Nahrung gefunden haben und dadurch deren Lebensraum bedroht ist.

Um das Bienensterben vor Ort genauer zu ergründen, Zusammenhänge herzustellen und gezielte Maßnahmen zum Schutz der Bienen und ihres Lebensraumes abzuleiten, ist es bedeutsam, den Bienenbestand im Land Bremen systematisch statistisch zu erfassen.

Bislang liegen im Land Bremen lediglich nichtrepräsentative Zahlen, basierend auf einer freiwilligen Umfrage unter Imkerinnen/Imker zu der Population von Honigbienen, vor. Um eine bundesweite oder zumindest norddeutsche Vergleichbarkeit herstellen und Entwicklungen übergeordnet betrachten zu können, ist eine gemeinsame Erhebung und Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Bestände der Wildbienen, anzustreben. Dabei ist im Land Bremen auch zu prüfen, inwieweit die Mel-depflicht beim Veterinäramt vor Beginn einer Bienenhaltung, die in Bremen seit 2000 besteht und in § 1a Bienenseuchenverordnung geregelt ist, hinzugezogen und auf Krankheiten ausgeweitet werden kann.

Daraus abzuleiten sind Maßnahmen zum Schutz der Bienen im Land Bremen, zum Beispiel ausgeweitete Blühstreifen mit spezifisch geeigneten Pflanzengattungen, die Zurverfügungstellung von entsprechendem Saatgut oder das Pflanzen insektenfreundlicher Bäume. Dabei kann an positive Bremerhavener Erfahrungen bei der kostenlosen Ausgabe von Saattüten angeknüpft werden. Zudem soll ein Konzept für ein Förderprogramm erarbeitet und vorgestellt werden, um Imkerinnen/Imker in Bremen und Bremerhaven zu unterstützen.
In diesem Zusammenhang soll auch der Einsatz von Pestiziden auf öffentlichen und verpachteten Flächen vermieden werden. Um den Pestizideinsatz im Deutsche Bahn-Streckennetz zu diskutieren, sollen Gespräche mit der Deutschen Bahn geführt werden.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

1. möglichst in Kooperation mit anderen Bundesländern statistische Daten zum Bienenbestand im Land Bremen zu erheben und dabei zu prüfen, ob für Bremen und Bremerhaven Daten aus der bestehenden Meldepflicht von Bienenvölkern beim Veterinäramt genutzt werden können;
2. zu prüfen, inwieweit die Meldepflicht im Land Bremen auf bienenspezifische Krankheiten ausgeweitet werden kann;
3. zu prüfen, inwiefern aus den gewonnenen Erkenntnissen Maßnahmen zum Schutz des Bienenbestands in Bremen und Bremerhaven abgeleitet werden können und entsprechende Planungen vorzunehmen;
4. ein Landesprogramm für viel mehr wilde Blühstreifen für Wildbienen, Totholz, Insektenhotels, insektenfreundliche Bepflanzungen auf Friedhöfen und anderen öffentlichen Flächen zu schaffen;
5. ebenso sollen geeignete, entsiegelte, brachliegende Gewerbeflächen, die noch nicht für eine baldige Vermarktung bestimmt sind, zur Zwischennutzung mit entsprechenden Blühflächen insektenfreundlich aufgewertet werden; dies beeinträchtigt nicht die auch kurzfristig mögliche, endgültige Nutzung;
6. in Zusammenarbeit mit dem Amt für Straßen und Verkehr (ASV) und dem Magistrat ein Konzept für insektenfreundliches Straßenbegleitgrün zu erstellen und insbesondere im Rahmen von Sanierungen und Umbaumaßnahmen der Straßen Möglichkeiten für artenreichere, möglichst durchgehende Grünflächen zu prüfen;
7. ein Konzept für ein Förderprogramm für Imkerinnen/Imker in Bremen und Bremerhaven vorzustellen und entsprechende Fördermittel bereitzustellen;
8. auf allen selbst genutzten und verpachteten Grundstücken, in bremischen Betrieben und auf öffentlichen Grundstücken in Bremen und Bremerhaven auf den Einsatz von Pestiziden schnellstmöglich zu verzichten. Die Bürgerschaft (Landtag) bekräftigt ihren diesbezüglichen Beschluss „Insekten schützen – Pestizide verbieten!“ vom 8. November 2018 (Drucksache 19/1739);
9. in einen intensiven Dialog mit der Deutschen Bahn und weiteren zuständigen Verkehrsunternehmen wie der Nordwestbahn, der Metronom Eisenbahngesellschaft oder der Bremer Straßenbahn AG einzutreten, um den Pestizideinsatz im Bremer und Bremerhavener Verkehrsnetz zu reduzieren;
10. den staatlichen Deputationen für Gesundheit, Frauen und Verbraucher-schutz, für Klima, Umwelt, Landwirtschaft und Tierökologie sowie für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung im Frühjahr 2021 über den Sachstand und bisherige Ergebnisse zu berichten.

Janina Brünjes, Arno Gottschalk, Volker Stahmann, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Ralph Saxe, Jan Saffe, Björn Fecker und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Ingo Tebje, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE