Letzte Stadtbürgerschaftssitzung vor der Sommerpause
Fünf parlamentarische Initiativen sowie 17 Senatsantworten auf mündliche Anfragen diskutierten die Abgeordneten gestern.
Aktuelle Stunde I: Weserburg
Die anstehende gerichtliche Auseinandersetzung um die Finanzierung der Weserburg Museum für moderne Kunst war Thema dieser Aktuellen Stunde.
„Unsere Koalition will eine möglichst breite Kulturlandschaft in unserer Stadt erhalten. Wir versuchen, alle Einrichtungen abzusichern und durch diese wirtschaftlich schwierige Zeit zu bringen“, sagte Miriam Strunge in der Debatte. „Das ist hart für viele Einrichtungen und das wissen wir. Aber dieser Weg ist ehrlich. Zu dieser breiten Kulturlandschaft gehört für mich auf jeden Fall auch das Museum Weserburg, das ein herausragender Ort für die moderne Kunst in Deutschland ist“, so die Abgeordnete. „Dessen Erhalt stand und steht für mich überhaupt nicht zur Debatte. In welcher Höhe die Förderung ganz konkret erfolgt, das werden nun die Gerichte klären. Diese Entscheidung müssen wir abwarten.“
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Aktuelle Stunde II: Beförderungsleistungs-Erschleichung
Die Abgeordneten diskutierten die Entkriminalisierung von Fahren ohne Fahrschein. Für Tim Sültenfuß hat die Linke in Bremen von den Bürger*innen einen klaren Auftrag bekommen: „Wir sollen eine gerechtere Gesellschaft gestalten.
Und eine gerechte Gesellschaft stellt nicht Armut unter Strafe. Sie bekämpft die Ursachen von Armut – und kriminalisiert nicht deren Symptome. Daher haben wir als RGR-Koalition entschieden, dass wir Menschen, die oftmals aus purer Not oder Armut handeln, in Bremen nicht länger ins Gefängnis stecken wollen, wenn sie den ÖPNV ohne Ticket nutzen.“
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„Power-Woche“ für den Bürgerservice
Nelson Janßen findet die Idee der CDU „ziemlich unsinnig“. Mit einer sogenannten „Powerwoche“ sollen Beschäftigte aus geeigneten Dienststellen für eine Woche dem Bürgerservice Center beigeordnet werden. Dazu müssten diese aber erst einmal geschult werden.
„Man fragt sich, wo das geeignete Personal herkommen soll. Sollen Lohnsteuererklärungen, Einbürgerungsanträge oder Bauanträge nach dem Willen der CDU ein paar Wochen nicht weiterbearbeitet werden? Danach soll es dann vermutlich eine Powerwoche im Finanzamt geben, dafür machen wir dann ein Bürgerservice Center zu, oder wie stellen Sie sich das vor“, fragte Nelson Janßen die Abgeordneten der christlich-demokratischen Union. „Das Ganze würde richtig teuer sein, Beschäftigte in Schulungen treiben, die nur für eine Woche relevant sind und am Ende geht alles wieder zum Alltag über. So etwas kann man sich nur ausdenken, wenn man keine Ahnung von Verwaltung hat und sich verabschiedet von der Entwicklung ernst zu nehmender Vorschläge zur Verbesserung der Lage. Wir lehnen diesen Unsinn daher ab.“
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Wallanlagen
„Die beiden Anträge teilen ein Grundproblem bei der Suchtproblematik und Obdachlosigkeit“, sagte Sofia Leonidakis in der Debatte um die Vorlagen von CDU und FDP. Sie warf beiden Fraktionen Symptombekämpfung vor. „Menschen lösen sich nicht in Luft auf, sondern sie kommen in die Wallanlagen, weil sie unter anderem vom Bahnhof oder vom Himmelmannplatz vertrieben werden. Aber irgendwo müssen die Menschen eben auch hin. Und deswegen reicht es nicht einfach immer nur zu sagen, wir machen überall den Scheinwerfer an, wir machen überall Kontrollen, wir lösen das Problem mit Polizei, weil das Problem sich nicht einfach auflösen wird, weil die Menschen sich nicht auflösen. Und deswegen finde ich den Ansatz des Senats absolut richtig, hier auch Regenerations- und Toleranzorte zu schaffen, wie sie jetzt im Stubo eröffnet wurde.“
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Umsetzung der Drogenhilfestrategie – Verdrängung statt Unterstützung
Die Abgeordneten diskutierten die Antwort des Senats auf eine Große Anfrage der Linksfraktion.
„Unser zentrales Anliegen ist es den Fokus auf Drogenhilfeangebote und Prävention zu legen“, sagte Nelson Janßen. „Die wirksamsten Maßnahmen sind belegt und im Bereich Therapie, Prävention und Schadensminimierung zu finden. Konsumräume, Substitution, Spritzentausch, aufsuchende Sozialarbeit und die Entkriminalisierung des Eigenkonsums sind weit wirksamer, als die Menschen von A nach B zu treiben. Wir werden die Drogenhilfestrategie in all ihren Bestandteilen im nächsten Haushalt absichern und den eingeschlagenen Weg damit fortsetzen und weiterzuentwickeln.“
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Quelle der Audio- und Video-Mitschnitte: www.radioweser.tv über www.bremische-buergerschaft.de
Ohne Debatte wurden die folgenden Vorlagen behandelt:
TOP 37: Aufwertung des Gewerbestandorts Airport-Stadt vorantreiben – Flächen Hanna-Kunath-Straße und Airport-Stadt-Süd prioritär erschließen
Dringlichkeitsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und Die Linke: Drucksache 21/553 S
TOP 38: Für Fachkräfte der Zukunft und einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort – Klima Campus jetzt realisieren!
Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die Linke: Drucksache 21/554 S
Beide Anträge erhielten eine Mehrheit.
Senatsantwort(en) in der Fragestunde des Parlaments im Juni 2025
Wann werden die Sanierungsarbeiten vom Hochhaus in der Rembertistraße 76 fertiggestellt?Anfrage der Abgeordneten Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion Die Linke
Wir fragen den Senat:
1. Warum verzögert sich die Sanierung des seit einem Kellerbrand vor fünf Jahren leerstehenden Hochhauses in der Rembertistraße 76 nach Kenntnis des Senates?
2. Wann können die Mieter:innen des Hochhauses, die zwischenzeitlich in andere Wohngebäude umgesiedelt wurden, voraussichtlich ihre Wohnungen wieder beziehen?
3. Wie wahrscheinlich ist es nach Einschätzung des Senates, dass der Eigentümer, die Vermögensgesellschaft von Swiss Life, die Sanierung bewusst verzögert?
Die Antwort(en) des Senats:
Zu Frage 1: Nach dem Brandereignis Ende 2020 erfolgte eine Begehung durch die Bauordnung unter anderem zur Abstimmung der notwendigen Maßnahmen für die Gefahrenabwehr. 2022 erfolgte eine erneute Kontaktaufnahme der Baubehörde gegenüber der Eigentümerin. Erst seitdem wurden verschiedene Maßnahmen zum Brandschutz und zur Schadstoffsanierung durch die Eigentümerin umgesetzt. Mit einem Wechsel des Vertreters der Eigentümerin Mitte 2024 beschleunigte sich die Bearbeitung. Im November 2024 wurde ein Brandschutzkonzept eingereicht, weitere notwendige Ergänzungen erfolgten im Januar 2025 und April 2025. Erst nach Abschluss der Prüfung der Unterlagen unter Beteiligung der Feuerwehr Bremen und Erteilung des Bescheids im April 2025 können nunmehr die relevanten baulichen Maßnahmen erfolgen, um die wohnbauliche Nutzung wieder zu ermöglichen.
Zu Frage 2: Zur Umsetzung und dem Zeitplan der baulichen Maßnahmen kann der Senat keine Angaben machen. Die Organisation des Bauablaufs ist nicht Bestandteil des Verwaltungsverfahrens, sondern wird maßgeblich vom Eigentümer gesteuert. Die untere Bauaufsichtsbehörde erhält jedoch von der Fertigstellung der Arbeiten Kenntnis, da diese angezeigt werden und eine bauaufsichtliche Abnahme des sanierten Gebäudes vor der Nutzungsaufnahme erfolgen muss. Zudem wurde außerdem nach Wohnraumschutzgesetz ein Verwaltungsverfahren zur Überprüfung des Objekts bezüglich des Leerstands eingeleitet.
Zu Frage 3: Dem Senat liegen keine rechtlich belastbaren Erkenntnisse vor, die auf absichtliche Behinderungen der Sanierung durch die Eigentümerin hindeuten.
Sichere Querungsmöglichkeit für die „Waller Mitte“
Anfrage der Abgeordneten Tim Sültenfuß, Miriam Strunge, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion Die Linke
Wir fragen den Senat:
1. Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Schaffung einer neuen Straßenquerung für Fußgänger:innen, beispielsweise durch Hochpflasterung, „Zebrastreifen“ oder ähnliches?
2. Wie bewertet der Senat den Wunsch der Anwohner:innen nach einer zusätzlichen sicheren Straßenquerung in der Vegesacker Straße in Höhe der „Waller Mitte“ (ehemals Dedesdorfer Platz)?
3. Inwiefern hat sich die Situation hinsichtlich der Notwendigkeit der Schaffung einer solchen zusätzlichen Querung in den letzten Jahren durch die immer stärkere Belebung des Platzes, insbesondere durch Familien, infolge der Umgestaltung des Platzes verändert?
Die Antwort(en) des Senats:
Zu Frage 1: Anlagen, die dem Fußverkehr das Queren von Straßen erleichtern, werden in unterschiedliche Grundtypen unterschieden. Querungshilfen ohne Vorrang, aber mit baulicher Unterstützung, sind z.B. Aufpflasterungen, Mittelinseln oder Engstellen. Zu den Querungshilfen mit Vorrang zählen Fußgängerüberwege, umgangssprachlich bekannt als Zebrastreifen. Als signalisierte Querungshilfen können Fußgänger- Ampeln zur Anwendung kommen. Zur Entscheidung über Art und Ausgestaltung von Querungshilfen sind die bundesweit gültigen Rechtsvorschriften – Straßenverkehrsordnung und die zugehörige Verwaltungsvorschrift – sowie die für den bremischen Dienstbetrieb eingeführten technischen Regelwerke der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen als Stand der Technik zu berücksichtigen.
Zu Frage 2: Die Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung hat die vorliegenden Beschlüsse des örtlich zuständigen Fachausschusses zur Herstellung einer Querungshilfe in der Vegesacker Straße auf Höhe der Waller Mitte geprüft und sodann in das Querungshilfenprogramm aufgenommen. Aufgrund der damals noch ausstehenden Bauarbeiten zu Torhaus 1 wurde der Querungsbereich in 2022 vorerst durch Poller abgesichert und die Sichtbeziehungen mithilfe von Fahrradbügeln in den vorhandenen Parkbuchten freigehalten, bis eine permanente Querungshilfe den Bedarfen entsprechend geplant und umgesetzt werden kann.
Zu Frage 3: Der Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung liegen keine ausreichenden Daten vor, um einen sich im Zeitverlauf ggfs. ändernden Querungsbedarf seit Umgestaltung des Platzes auswerten zu können. Anhand einer aktuellen Verkehrszählung kann aber der derzeitige Querungsbedarf abgeleitet werden. Grundsätzlich dient die Waller Mitte als wichtige Fuß- und Radverkehrsachse im Quartier und wird insbesondere von Kindern auf ihrem Weg zur Schule genutzt, sodass unabhängig von Verkehrszahlen eine sichere Querungsmöglichkeit herzustellen ist.
Basiskonten für Schutzsuchende
Anfrage der Abgeordneten Dariush Hassanpour, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion Die Linke
Wir fragen den Senat:
1. Wie lange vergeht im Schnitt zwischen Meldung eines schutzsuchenden Menschen beiund Ausstellung eines Ankunftsnachweises nach § 63a Asylgesetz?
2. Wie informiert und unterstützt der Senat Schutzsuchende bei der Beantragung eines Basiskontos nach dem Zahlungskontengesetz?
3. Welche Hürden bestehen aus Sicht des Senats für eine zügige Organisation von Basiskonten bei schutzsuchenden Personen, und welche Schritte hat der Senat in Bezug auf diese Hürden unternommen?
Die Antwort(en) des Senats:
Zu Frage 1: § 63 Absatz 1 Asylgesetz regelt, dass innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Asylantragstellung eine mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehene Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung ausgestellt werden muss, sofern der schutzsuchende Mensch nicht bereits im Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Die Schutzsuchenden, die bei der Zentralen Aufnahmestelle des Landes Bremen ein Asylgesuch äußern, werden vor Ort registriert. Dort erhalten sie unmittelbar mit Abschluss der Registrierung einen Ankunftsnachweis. Nur in seltenen Ausnahmefällen, beispielsweise bei technischen Störungen, kann es zu Verzögerungen kommen.
Zu Frage 2: Sobald eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung von mindestens 12 Monaten ausgestellt wurde oder die Schutzsuchenden im Besitz ihres Nationalpasses sind, informiert das Amt für Soziale Dienste sie mündlich oder auf schriftlichem Wege über die Möglichkeit zur Eröffnung eines Bankkontos beziehungsweise eines Basiskontos nach dem Zahlungskontengesetz.
Zu Frage 3: Um den Antrag zur Eröffnung eines Basiskontos zu stellen, brauchen Asylsuchende ihren amtlichen Ankunftsnachweis. Geduldete benötigen ihren Duldungsbescheid. Das Geldinstitut muss die Eröffnung des Basiskontos innerhalb von zehn Geschäftstagen nach Eingang des Antrages ermöglichen. Auf die bankinternen Verfahren zur Eröffnung eines Basiskontos hat der Senat keinen Einfluss.