Kinderrechte im Land Bremen

Am 6. Mai 2021 wurden die Kinderrechte in der Bremischen Landesverfassung deutlich gestärkt, indem u.a. auch umfassende Beteiligungsrechte von Kindern mit aufgenommen wurden. Mit dieser vergleichsweisen starken Verankerung von Kinderrechten in einer deutschen Landesverfassung hat das Land Bremen ein Zeichen gesetzt, welche hohe Bedeutung es Kindern und Jugendlichen und ihren Belangen beimisst. Gleichzeitig wurde die rechtliche Grundlage geschaffen, um auf die Förderung der persönlichen Entwicklung sowie die Stärkung der Partizipation und Demokratiebildung von Kindern und Jugendlichen in unseren Stadtgesellschaften hinzuwirken.

Auch die UN-Kinderrechtskonvention, die EU-Kinderrechtsstrategie und die Reform des SGB VIII bieten einen wichtigen Rahmen, wenn es darum geht, Kinder zu stärken, sie über ihre Rechte zu informieren und ihre persönliche und politische Teilhabe zu stärken. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Rechte der Kinder auch konkret in allen Lebenswelten angegangen und umgesetzt werden. Hier gibt es bundesweit und auch bei uns in Bremen und Bremerhaven noch Handlungsbedarf.

Zunächst müssen Kinder und Jugendliche ihre Rechte kennen und an sie herangeführt werden, um ein Selbstverständnis als Rechteträger:innen zu erlangen, um sich an sie betreffenden demokratischen Prozessen beteiligen und um sich in schwierigen Situationen Hilfe holen zu können.

Mit dem (über die Aktion Mensch geförderten) Kinder- und Jugendrechtebüro im Kinderschutzbund Bremen ist dazu ein wesentlicher Schritt zur Vernetzung, Bekanntmachung und Fortbildung im Thema Kinderrechte erfolgt. Diese erfolgreichen Ansätze gilt es auszubauen, zu etablieren und zu verstetigen. Vor allem müssen aber auch die Vertreter:innen und Handelnden in den öffentlichen Einrichtungen die Rechte der Kinder kennen, sich dafür einsetzen, eine entsprechende Haltung gewinnen und die jungen Menschen angemessen beteiligen.

Wir fragen den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die bisherigen Bemühungen um die neu in die Landesverfassung aufgenommenen Kinderrechte, insbesondere in Bezug auf die Themen Kindeswohl, Beteiligung und Teilhabe?
2. Mit welchen übergreifenden Maßnahmen stellt der Senat die Erfüllung des Auftrags der Landesverfassung hinsichtlich der Beteiligung von Kindern und der Beachtung ihrer Belange im Alltag des öffentlichen Handelns in Bremen und Bremerhaven sicher?
3. Wie wird gewährleistet, dass alle Kinder und Jugendliche im Land Bremen ihre Rechte kennen, sie sich als Rechteträger:innen verstehen und an den sie betreffenden öffentlichen Angelegenheiten beteiligt werden?
4. Welche Initiativen zur Umsetzung der Kinderrechte im Sinne der Landesverfassung sind dem Senat bekannt? In welchen Feldern sieht der Senat Handlungsbedarf bei der Planung und Umsetzung konkreter Angebote?
5. Welche Einrichtungen/Anlaufstellen sind dem Senat bekannt, die Kinder und Jugendliche in der Ausübung ihrer Rechte unterstützen und an die sie sich bei Missachtung ihrer Kinderrechte wenden können?
6. Wie bewertet der Senat die Arbeit des Jugend- und Kinderrechtebüros in Trä-gerschaft des Kinderschutzbundes Bremen? Welche Bedeutung misst der Senat der Bildungsarbeit (mit Kindern, Eltern und pädagogischen Fachkräften) des Kinderrechtebüros bei?
7. Wie werden die vielen bestehenden Initiativen, die Kinderrechte zum Thema machen und Kinder beteiligen, in den Stadtteilen, auf kommunaler und auf Landesebene miteinander vernetzt? Welche Aufgaben kann das Jugend- und Kinderrechtebüro hierbei übernehmen?
8. Welchen Stellenwert misst der Senat der Öffentlichkeitsarbeit für die Rechte der Kinder bei? Wie kann sichergestellt werden, dass diese auch bei Erwachsenen bekannt sind? Welche Aufgaben übernimmt hierbei das Jugend- und Kinderrechtebüro?
9. Welche Initiativen oder Bildungsangebote zu Kinderrechten gibt es im Land Bremen, die sich speziell an Eltern und Erziehungsberechtigte richten und darauf abzielen, ihr Verständnis von Kindern als Rechteträger:innen zu stärken? Welche Bedeutung kommt diesen Initiativen oder Angeboten im Sinne der Förderung einer kinderrechtebasierten Erziehung zu? Wird das aktuelle Bildungsangebot als ausreichend bewertet?
10. Im Rahmen der Diskussion um die Errichtung einer neuen Ombudsstelle nach SGB VIII im Land Bremen, wird darauf hingewiesen, dass Kinder zunächst einmal wissen müssen, dass sie Rechte haben. Erst dann können sie diese auch einfordern und sich beschweren, wenn diese verletzt werden. Welche ergänzende Rolle bei der Einrichtung dieser neuen Ombudsstelle könnte das Jugend- und Kinderrechtebüro ab dem Jahr 2023 einnehmen?
11. Die Rechte der Kinder sind eine Querschnittsaufgabe: In welchen Ressorts gibt es Qualifizierungsangebote für die Mitarbeitenden auf Leitungs-, Verwaltungs- und Einrichtungsebene? Wie, durch wen und unter Beachtung welcher Qualitätsstandards werden in diesen Qualifizierungsangeboten Kenntnis, Wissen, Haltung und Anwendung vermittelt? (Durch wen) werden diese Angebote koordiniert? In welchen Ressorts gibt es darüber hinaus anlass- und zielgruppenorientiert eine aktive Auseinandersetzung mit Kinderrechten und insbesondere die Haltung „Kinder und ihre Rechte ernst zu nehmen“?
12. Wie wird das Recht auf Beteiligung der Kinder und Jugendlichen in Bereichen des Gesundheitswesens beachtet? Welche Partizipations-, Einfluss- und Beschwerdemöglichkeiten werden in Kliniken, in denen Kinder und Jugendliche als Patient:innen sind, vorgehalten? Wie wird deren kultur- und geschlechtssensible Ausgestaltung gefördert?
13. Wie wird gewährleistet, dass Fachkräfte an Schulen, in Kitas sowie in Freizeiteinrichtungen der Jugendhilfe sich mit den Kinderrechten auseinandersetzen, Kenntnisse erwerben und eine kinderrechtebasierte Haltung für die tägliche Praxis entwickeln? Welche Initiativen gibt es, dies in den Einrichtungen zu verstetigen und in die Konzepte handlungsleitend zu integrieren?
14. Wie werden das Recht auf Beteiligung und die angemessene Berücksichtigung der Meinung von Kindern und Jugendlichen in Kitas, Schulen sowie Freizeiteinrichtungen der Jugendhilfe beachtet? Welche Partizipations-, Einfluss- und Beschwerdemöglichkeiten werden in den genannten Institutionen vorgehalten?
15. Welche Bemühungen sieht der Senat, die Justiz im Land Bremen kindgerechter auszurichten? Welche Aktivitäten gibt es, um familiengerichtliche Verfahren sowie Strafprozesse noch stärker am Wohl des Kindes auszurichten und den Willen des Kindes angemessen zu berücksichtigen? Wie und durch wen erfolgen Schulungen für Familienrichter:innen zum Thema Kinderrechte und eine Haltung der Beteiligung?
16. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sind besonders oft von Rechteverletzungen betroffen, ihre Teilhabe ist oft eingeschränkt. Wie werden Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen und die sie begleitenden Erwachse-nen erreicht, wenn es um die Vermittlung von Kinderrechten, die Partizipation an öffentlichen Entscheidungen und die Einhaltung ihrer Rechte geht?
17. Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung sind besonders oft von Rechteverletzungen betroffen, ihre Teilhabe ist oft eingeschränkt. Wie werden ge-flüchtete Kinder und Jugendliche erreicht, wenn es um die Vermittlung von Kinder-, Aufenthalts- und Einwanderungsrechten, die Partizipation an öffentlichen Entscheidungen und die Einhaltung ihrer Rechte geht?
18. Aktuell leiden viele Kinder, Jugendliche und deren Familien unter Belastungen, die durch die Corona-Pandemie hervorgerufen und/oder verstärkt wurden: Welche konkreten Maßnahmen, die sich an den Rechten und am Wohl der Kinder sowie ihrer physischen und psychischen Gesundheit orientieren, sind konkret geplant oder in Umsetzung? Wer koordiniert die notwendigen Maßnahmen zwischen den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales? Durch wen und wie wird dabei sichergestellt, dass die Kinder und Jugendlichen daran angemessen beteiligt werden?

Petra Krümpfer, Birgitt Pfeiffer, Ute Reimers-Bruns, Prof. Dr. Eva Quante-Brandt, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dr. Solveig Eschen, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE

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